Video aus dem Senderarchiv So tickte Christian Lindner vor 20 Jahren

Düsseldorf · Die Sendung "Stern TV" hat Bildmaterial von einem aufstrebenden jungen Mann im Archiv gefunden: einem 18-Jährigen, der mit Anzug und Krawatte im Unterricht in Wermelskirchen sitzt, bereits eine PR-Firma betreibt und für den Schule nur Nebensache ist. Heute ist er Spitzenkandidat der FDP.

 Der heutige FDP-Parteichef Christian Lindner hat sich äußerlich nur wenig verändert. Hier ein Bild aus dem Jahr 2005.

Der heutige FDP-Parteichef Christian Lindner hat sich äußerlich nur wenig verändert. Hier ein Bild aus dem Jahr 2005.

Foto: FDP

Er ist jung, selbstbewusst, trägt Anzüge, und er weiß, wie man Menschen mit Worten überzeugt - für diese Eigenschaften ist Christian Lindner allgemein bekannt. Dass der heutige FDP-Parteichef und Spitzenkandidat für die anstehende Bundestagswahl jedoch auch schon vor 20 Jahren ähnlich hätte beschrieben werden können, wissen wohl nur wenige. Bis gestern Abend.

Denn die Sendung "Stern TV" hat ihr "Fundstück der Woche" aus den eigenen Archiven auf Facebook präsentiert: ein Beitrag aus dem Jugendmagazin "100 Grad" von 1997. Das drei Minuten lange Video wurde in Wermelskirchen aufgenommen und zeigt einen jungen Mann im Anzug - inklusive Krawatte mit Kuhfellmuster. Die markante Stimme ist auch heute regelmäßig im Fernsehen zu hören.

Es ist Christian Lindner, damals 18 Jahre alt, PR-Manager und nebenberuflich Schüler der Jahrgangstufe 13 des städtischen Gymnasiums in Wermelskirchen. Sein Kumpel und er liefern Konzepte und Reden an kleine Unternehmen. "Ein echter Durchstarter und immer voll im Stress", heißt es im Beitrag.

Obwohl Lindner 1998 sein Abitur am Gymnasium gemeistert hat, sei die Schule für ihn hauptsächlich Zeitverschwendung gewesen: "Wenn man in der Schule sitzt und man sitzt seine Zeit ab, dann kommt man sich so vor, als sei die Zeit durch den Schredder gelaufen", erklärt er mit lässigem Grinsen. Besser nutzen könne er die Zeit am Telefon oder bei Kundenbesuchen - eben mit richtiger Arbeit.

Und die sieht so aus: Herumfahren in der gemieteten Mercedes-Limousine oder Konzepte erstellen im Büro vor dem Röhrenmonitor. Lindner präsentiert sich schon in seinen jungen Jahren als Arbeitstier. Und als Rhetoriker. "Wenn man im Gespräch überzeugt durch Leistung, gerade auch durch Kompetenz, die nicht akademisch domestiziert ist, dann sagt der Kunde: Wir haben den richtigen Fang gemacht", sagt er im Schulhof-Interview.

Natürlich blieb dem Publikum 1997 auch sein politisches Engagement nicht verborgen. "Seit ich 14 bin, ist die FDP meine politische Heimat", so Lindner. Aus der Unternehmerkarriere wurde bis heute nichts. Dass aus diesem 18-Jährigen einmal ein Politiker wird, hätte man wohl damals vorhersagen können. Sätze wie: "Probleme sind nur dornige Chancen" - sie hätten ebenso von dem Christian Lindner der Gegenwart stammen können.

Die Reaktionen auf das Archiv-Fundstück sind gemischt. Im sozialen Netzwerk "reddit" etwa amüsieren sich viele User über Linders Modegeschmack von damals: "Kuh oder Zebra? In jedem Fall peinlich", spottet ein User. Moderator Jan Böhmermann kommentierte auf Twitter: "Hat jemand eine dornige Chance mit diesem Video?"

Lindner selbst nahm die Wiederveröffentlichung des Beitrages mit Humor und twitterte: "Danke 'Stern TV'. Das war 1997 Gründerkultur 1.0. Alexander Hahn aus dem FDP-Bundesvorstand pflichtete ihm auf Twitter bei: "Christian Lindner hat sich 1997 während der Gründerkultur 1.0 als Unternehmer schon für vieles eingesetzt, wofür Startups noch heute stehen."

Ulrich Schäfer, ehemaliger Mathematiklehrer am Gymnasium in Wermelskirchen, hat Christian Lindner seinerzeit von der fünften Klasse bis zum Abitur unterrichtet, in der Oberstufe sogar im Leistungskurs. "Wenn ich mich recht erinnere, hielt seine PR-Agentur damals nicht besonders lange", sagte der 63-Jährige unserer Redaktion. "Er war ein normaler Schüler". Ansonsten sei Lindner schon immer selbstsicher aufgetreten und auch seine Redegewandtheit stach hervor.

(mro)
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