Interview mit dem Deutschland-Chef der Telekom "Wir bauen die Marktführung aus"

Düsseldorf · Der Deutschland-Chef der Telekom, Niek Jan van Damme, sieht die Konkurrenten Vodafone und E-Plus/O2 geschwächt. Im Gespräch mit unserer Redaktion bekräftigt er das Ende der Flatrate für jedermann. Kunden sollen messen können, wie viel Volumen sie verbrauchen.

 Der Deutschland-Chef der Telekom, Niek Jan van Damme sieht die Telekom auf gutem Weg.

Der Deutschland-Chef der Telekom, Niek Jan van Damme sieht die Telekom auf gutem Weg.

Foto: dpa

Herr Van Damme, in 2013 scheiterte die Telekom damit, über eine Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Einschränkungen bei Flatrates vorzubereiten. Wie geht es nun in 2014 weiter?

Van Damme Wir haben unsere Pläne nicht überzeugend vermitteln können. In der Diskussion ist völlig untergegangen, dass wir die Flatrate nie ganz abschaffen wollten. Es bleibt aber dabei, dass wir unser Tarifportfolio differenzieren wollen. Es wird weiterhin wie versprochen, Flatrates geben, zusätzlich aber auch Volumenpakete, die etwas günstiger sein werden.

Es widerspricht sich doch, mehr Transparenz bei Tarifen anzukündigen, aber die Flatrate als verständlichstes Angebot mit einem Zuschlag zu versehen.

Van Damme Hier geraten zwei Dinge durcheinander. Transparenz und preisgünstige Angebote. Warum soll jemand eine Flatrate bezahlen, wenn er nicht so viel Datenverkehr hat und für einen Volumentarif weniger bezahlen kann. Transparenz bedeutet, dass die Kunden wissen, welchen Preis sie für welche Dienstleistung bezahlen. Aktuell sind dies wie bisher Flatrates ohne jede Einschränkung. Wenn wir später neue Tarife einführen, werden wir sicherstellen, dass die Kunden genau wissen, was sie zu erwarten haben. Unbegrenzte Flatrates kosten dann einen kleinen Aufschlag von vielleicht fünf oder zehn Euro, Volumenpakete können auch günstiger als die jetzigen Flatrate-Angebote sein.

Und aus Unsicherheit buchen dann alle Kunden Flatrates mit Aufschlag und die Telekom-Kasse ist voll.

Van Damme Unsinn, da tun Sie unseren Kunden Unrecht. Wir haben es doch mit mündigen Verbrauchern zu tun. Aktuell überschreiten nicht einmal drei Prozent der Kunden die ursprünglich avisierte Grenze von 75 Gigabyte, soweit zu den Fakten. Wir haben ja bereits angekündigt, eine Möglichkeit zu schaffen mit der die Kunden ihr genutztes Datenvolumen genau messen können - eine weitere Maßnahme zur Transparenzsteigerung. Dann werden viele merken, dass sie wirklich deutlich weniger Daten "verbrauchen". Bekanntermaßen strebt die Branche eine einheitliche Lösung an.

So wie jetzt beim Smartphone?

Van Damme Durch die Einführung eines auf Internettechnik basierenden Netzes werden sich zukünftig Möglichkeiten ergeben, die unsere Kunden aus dem Mobilfunk kennen, wie zum Beispiel schnell und einfach zusätzliches Datenvolumen zu buchen.

Die Kunden sollen also schnellere Anschüsse buchen.

Van Damme: Es wird in der neuen Tarifwelt selbstverständlich sein, dass Kunden ein differenzierteres Angebot erhalten. Denken sie nur an Geschwindigkeit, Volumen als Bausteine und natürlich die klassischen Flatrate-Angebote, wie wir es versprochen haben.

Wie wird VDSL per Vectoring in NRW und speziell rund um Düsseldorf ausgebaut — also besonders schnelles Internet?

Van Damme Natürlich werden wir auch in NRW weiter ausbauen, das schließt selbstverständlich das Gebiet rund um Düsseldorf mit ein. Übrigens: Bei der VDSL-Versorgung stehen wir hier bereits heute gut da.

Von September 2012 bis September 2013 stieg der Umsatz pro Festnetzanschluss von 25,80 Euro auf 26,20 Euro im Monat - früher lag er deutlich niedriger. Wird er weiter auf beispielsweise 30 Euro im Monat hochgehen?

Van Damme Ich kann hier keine Prognose abgeben, aber fest steht: Wir wollen auch zukünftig wirtschaftlich erfolgreich sein.

Es soll also aufwärts gehen?

Van Damme Mal zu den reinen Zahlen. Rund zwei Millionen unserer Kunden haben einen Entertain-Anschluss, hier gibt es Wachstumspotential. Noch hat nicht nicht jeder unserer Kunde einen Breitbandanschluss, auch hier gibt es noch Wachstumspotential. Wir haben also trotz harter Konkurrenz und sinkender Preise noch Wachtumsaussichten. Außerdem werden Kombi-Angebote aus Festnetz- und Mobilfunk immer attraktiver. Als Qualitätsmarktführer ist das nur gut für uns.

Vodafones zehn Milliarden Euro teurer Kauf von Kabel-Deutschland sowie deren Investitionsprogramm von vier Milliarden Euro müsste Ihnen am meisten Sorge machen.

Van Damme Wir nehmen jeden Wettbewerber sehr ernst, darum ist unser Ziel auch klar: Wir wollen auch in den kommenden Jahren die Marktführerschaft sichern und weiter ausbauen. Die Integration von Kabel-Deutschland wird ein Kraftakt — immerhin müssen da verschiedene Netze, Standorte und Organisationen zusammengeführt werden. Die Nachrüstung des Mobilfunknetzes ist auch alles andere als eine Banalität - und unser Vorsprung ist ja seit 2008 immer größer geworden.

Was halten Sie von der Integration von E-Plus und O2?

Van Damme Hier ist die Situation ähnlich. Wir beobachten unsere Wettbewerber sehr genau. Durch die Übernahme entstünde ein massives Ungleichgewicht bei den Funkfrequenzen. Sie werden daher Spektrum abgeben müssen. Ich bin mir sicher, dass die beiden Unternehmen bis 2015 stark mit sich beschäftigt sind. Wir werden unseren bisherigen Vorsprung nutzen und ausbauen.

Die Telekom investiert beachtliche 200 Euro pro Mobilfunkkunde an Subvention für ein Smartphone eines Kunden, den sie zu einer Vertragsverlängerung überzeugt. Bleibt das so?

Van Damme Nur eine Zahl isoliert herauszugreifen macht wenig Sinn. Insgesamt ist unser Geschäftsmodell erfolgreich, das belegt unser weiteres Wachstum bei den Kunden eindrucksvoll. Zwei weitere Punkte möchte ich nennen: Netzqualität und Service. Wir haben mehrfach attestiert bekommen, das beste Mobilfunknetz Deutschlands zu haben. Da ist es nur logisch, dass wir viele Kunden ansprechen wollen. Und gerade jetzt, wo die attraktiven Kundengruppen sich neue Smartphones mit der neuen LTE-Technik zulegen, machen attraktive Tarifgestaltungen Sinn.

Manche Vodafone-Manager sagen, die Telekom würde die Mobilfunksparte mit Gewinnen aus dem Festnetz quersubventionieren.

Van Damme Dadurch, dass man bestimmte Thesen wiederholt, werden diese nicht richtig, darum ganz deutlich: Das ist falsch. Wir haben aber einen Vorteil, weil wir Festnetz und Mobilfunk schon vor Jahren zusammengeführt haben. Auch technisch ergeben sich aus dieser Strategie Vorteile. Ich will nur einen Punkt nennen: Das Festnetz hilft uns, den rasant wachsenden Datenverkehr zu den Mobilfunkmasten zu bringen und abzuführen.

Wachsen Festnetz- und Mobilfunk auch bei Produkten zusammen?

Van Damme Wir bieten immer mehr Kombiprodukte aus Festnetz und Mobilfunk an: Familien können neben DSL auch einen speziellen Handytarif buchen. Entertain-Kunden können TV-Aufnahmen auch vom Smartphone aus steuern und mit Entertain To Go zuhause auf dem Tablet TV-Angebote genießen. Wir sind fest davon überzeugt, dass in diesen integrierten Angeboten die Zukunft liegt.

Zum Abschluss noch ein sensibles Thema: Wie wollen sie den Zugang für Anbieter in das Internet diskrimierungsfrei gestalten, wenn sie für einen bestimmten Qualitätslevel der Durchleitung Geld verlangen wollen?

Van Damme Erstens: Wir sind ganz am Anfang einer Diskussion. Wie am Ende die Angebote aussehen werden, weiß heute niemand. Eines ist aber klar, die Deutsche Telekom steht für ein offenes Internet. Zweitens: Richtig ist, dass wir mit Partnern vereinbaren wollen, dass wir für eine bestimmte Servicequalität eine Gegenleistung erhalten. Die Vereinbarung kann eine garantierte Antwortzeit für Anbieter von Onlinespielen einschließen oder eine sichere Bandbreite bei medizinischen Diensten. Aber wir machen dieses Angebot allen Unternehmen — ohne Unterschied. Somit schließen wir Diskriminierung aus.

Am Ende bekommen Giganten wie Google/Youtube oder Ihr eigener Dienst "Entertain" Vorfahrt, weil sie mehr Geld zahlen können und einen Großkundenrabatt durchsetzen.

Van Damme Wie gesagt, heute weiß noch niemand wie die Zukunft aussehen wird. Nochmal: Wir stehen für das offene Internet. Heute ist vieles denkbar. Wir wollen bewusst auch kleine Anbieter fördern und sind für vieles offen.

Das Gespräch führte Reinhard Kowalewsky.

(felt)
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