Berlin/Düsseldorf Deutsche Wirtschaft in Sorge um Zukunft der EU

Berlin/Düsseldorf · Der Industrie- und Handelskammertag startet heute in Düsseldorf eine Veranstaltungsreihe für verunsicherte Firmen.

Der unklare Brexit, die drohende Abspaltung Kataloniens und anderer Regionen, das Machtvakuum in Berlin - die deutsche Wirtschaft ist in tiefer Sorge um die Zukunft Europas. In einem Brandbrief an die Leitungsebenen der 79 Industrie- und Handelskammern (IHKs) fordern der Präsident und der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer und Martin Wansleben, eine Rückbesinnung der Regierungen auf die wirtschaftlichen Grundlagen der EU. "Es wäre für Europas Wirtschaft eine Katastrophe, wenn Zölle und Grenzschikanen auch auf dem Gebiet der heutigen EU wieder Einzug halten könnten", heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt.

Darin fordern Schweitzer und Wansleben "Bildungsreformen mit dem Ziel einer praxis- und betriebsnahen Ausbildung in Ländern mit hoher Jugendarbeitslosigkeit". Das müsse ganz oben auf der EU-Agenda stehen - auch um den Fachkräftenachwuchs zu verbessern. Das deutsche Modell der dualen Ausbildung sei beispielhaft, denn auch deshalb sei die Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland mit 6,5 Prozent die niedrigste in Europa.

In der gesamten EU müsse zudem schnell ein hochleistungsfähiges Breitbandnetz aufgebaut werden. In Deutschland sollten zudem die Stromzusatzkosten gesenkt werden. "Deutsche Mittelständler zahlen inzwischen doppelt so viel wie ihre französischen Nachbarn", heißt es. Deshalb müsse in der EU ein Strombinnennetz etabliert werden. Auch Bürokratieabbau sei deutschen Unternehmen besonders wichtig. "Selbst uns hat bei Auswertung unseres aktuellen Unternehmensbarometers überrascht, wie tief der Frust beim Thema Bürokratie sitzt."

Wichtigstes EU-Thema sei für deutsche Unternehmen aber der Brexit. Selbst bei einem Freihandelsabkommen mit Großbritannien kämen auf deutsche und britische Unternehmen 15 Millionen neue Zolldokumente zu. Das wären eine Milliarde Euro zusätzlicher Bürokratiekosten pro Jahr. Größtes Problem sei die aktuelle Unsicherheit. "Noch immer wissen wir nicht, was sich die britische Regierung unter dem unscharfen Begriff einer ,Übergangsphase' von zwei Jahren vorstellt." Ein solcher Übergang könne nur Teil einer umfassenden Vereinbarung sein, so der DIHK.

Mit dem Brief leitet der DIHK eine Reihe von rund 30 Veranstaltungen in den örtlichen IHKs zur Zukunft Europas ein. Den Auftakt bildet heute zwischen 16 und 18 Uhr ein Dialogforum in der Düsseldorfer IHK. Unternehmer können mit Vertretern der EU diskutieren, darunter der Europa-Abgeordnete Elmar Brok (CDU).

(mar)
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