Nach Terror-Anschlägen DFB achtet auf psychische Betreuung

Barsinghausen · Bundestrainer Joachim Löw hat bereits auf die besondere Bedeutung von Teampsychologe Hans-Dieter Hermann hingewiesen. Dieser wird besonders gefragt sein, wenn das Team im kommenden Jahr wieder nach Frankreich reist.

Terror in Paris: Sportwelt reagiert betroffen
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Foto: afp, le

Den Jahresabschluss des Weltmeisters hatten sich alle anders vorgestellt. Und die Zukunft auch. Die Terrornacht von Paris gab dem Länderspiel in Hannover gegen die Niederlande eine politische Dimension. Und Spielern, Trainern, Organisatoren und Fußballfans ist bewusst, dass die fürchterliche Anschlagsserie vom 13. November 2015 auch die Europameisterschaft prägen wird. Als unbeschwertes Fußballfest kann sich das am 10. Juni 2016 beginnende Turnier in Frankreich keiner vorstellen. Die Erlebnisse werden auch für die deutschen Spieler und das Team hinter dem Team ein ständiger Begleiter auf dem Weg zurück in jene Arena sein, wo sie vor wenigen Tagen ihren eigenen Alptraum erlebten: ins Stade de France. Dort findet am 10. Juli 2016 das EM-Finale statt.

"Natürlich macht man sich Gedanken", sagte Teammanager Oliver Bierhoff. Das Thema Sicherheit wird noch mehr in den Fokus rücken. "Und das wird die Europameisterschaft besonders betreffen", weiß Bierhoff: "Es werden Maßnahmen ergriffen werden, die für Fans, Medien und die Mannschaften Veränderungen mit sich bringen werden."

Terror und EM lassen sich nicht mehr trennen. "Ich bin mir sicher, dass die französische Regierung alles tun wird, um die Spiele und das Turnier sicher zu machen", sagte Bundestrainer Joachim Löw.

Löw und Bierhoff sollen schon in dreieinhalb Wochen nach Paris zurückkehren. Am 12. Dezember werden im Palais des Congrès die EM-Gruppen ausgelost. Der Ansturm auf die Eintrittskarten war schon in der ersten Verkaufsphase im Sommer so groß, dass auch weiterhin mit 51 ausverkauften Spielen zu rechnen ist. Erstmals werden 24 Teams um den Titel spielen.

"Natürlich geht es weiter, klar. Natürlich muss man den Blick nach vorne richten", sagte auch Löw angesichts der Aufgaben, die auf ihn und die Sportliche Leitung noch bis Weihnachten zukommen. "Wir werden alle in unseren Alltag zurückfinden müssen", beschrieb Bierhoff den Lauf der Dinge. Hannover sollte dabei den Anfang bilden. Aber Löw machte schon vor den letzten 90 Länderspielminuten des Jahres deutlich, dass die Partie nicht mehr dem Maßstab gerecht werden konnte, für den sie mal gedacht waren, "nämlich als ein Test Richtung EM".

Erst nach der langen Winterpause der Nationalmannschaft werden sportliche Aspekte wieder in den Fokus rücken und der Konkurrenzkampf um die 23 EM-Plätze entbrennen. Am 26. März spielt der Weltmeister in Berlin gegen England, drei Tage danach folgt in München der zweite Klassiker gegen Italien. Es sind die letzten Länderspiele vor der Nominierung des vorläufigen EM-Kaders. Auf das Trainingslager am Lago Maggiore in Ascona in der Schweiz hatte Löw von Anfang an "alles ausgerichtet". Es bildet den Kern der Vorbereitung.

"Das ist alles, was zählt", hatte Löw in Paris gesagt, am Tag vor jenen schockierenden Ereignissen, die auch die eigene Welt der Nationalmannschaft verändert hatten. Löw wies in Hannover auch auf die besondere Bedeutung von Teampsychologe Hans-Dieter Hermann hin.

Elf EM-Partien werden in Paris stattfinden, sechs davon im Stade France, darunter das Eröffnungsspiel und eben auch das Endspiel. Die Rückkehr an den Ort der Angst könnte zur Bürde werden, sagte Professor Florian Holsboer, bis 2014 Chef des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München, in einem Interview den Münchner Zeitungen "tz" und "Merkur": "Das werden sie im Kopf haben, daran wird man denken. Das ist so, wie man einen Spielort nicht vergisst, an dem man unglücklich verloren hat, nur in einer anderen Dimension. Es wird viel nötig sein, um das zu überwinden. Da wird es eines psychologischen Coachings bedürfen."

Das Spiel Deutschland - Niederlande in Hannover war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht beendet.

(dpa)
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