Umfrage in Deutschland Die Hilfsbereitschaft bröckelt

Meinung | Düsseldorf · Das Ergebnis ist erschreckend: 38 Prozent der Deutschen geben auf die Frage "Was würden Sie tun, um Flüchtlinge in Deutschland zu unterstützen?" die schnöde Antwort "Nichts".

 Die Bilder der verzweifelten Flüchtlinge lassen offensichtlich mehr und mehr Deutsche kalt.

Die Bilder der verzweifelten Flüchtlinge lassen offensichtlich mehr und mehr Deutsche kalt.

Foto: afp, am/nb

Die Bilder der verzweifelten Flüchtlinge, die Hunderte von Kilometern durch Schlamm waten, um dann an Stacheldrahtzäunen zu scheitern, die Nachrichten von sinkenden Flüchtlingsbooten und toten Kindern, die an den Strand gespült werden, scheinen inzwischen an ihnen abzuprallen. Das ist das Resultat einer repräsentativen Umfrage im Auftrag der Nachrichtenagentur dpa, die das Meinungsforschungsinstitut Yougov zum zweiten Mal online durchführte.

Vor zwei Monaten hatten erst 32 Prozent jegliche Hilfe abgelehnt, die Hilfsbereitschaft der Deutschen bröckelt also rapide. Nach den Gründen für seine Weigerung befragt, äußert aktuell mehr als jeder Fünfte den wenig erhellenden Satz: "Ich will Flüchtlingen nicht helfen."

Das ist schon bezeichnend genug. Das Umfrageergebnis sagt aber noch mehr aus: Bei fast allen Meinungsumfragen gibt es den Störfaktor der "sozialen Erwünschtheit". Das heißt: Menschen äußern sich oft nicht aufrichtig, weil sie wissen, dass ihre Antwort gegen gesellschaftliche Normen verstößt. Also machen sie die Aussage, von der sie glauben, dass sie sozial erwünscht sei. Und geben ihre wahre Meinung deshalb nicht preis.

Wenn sich nun aber immer mehr Menschen sogar offen dazu bekennen, Flüchtlingen nicht helfen zu wollen, dann ist das ein Zeichen dafür, dass das Wertesystem bei diesem Thema ins Rutschen gekommen ist.

Die Ursachen hierfür liegen zum einen in einer Internetkultur, die keine Tabus kennt und latenten Flüchtlingsfeinden das Gefühl vermittelt, einer Mehrheit anzugehören. Doch zuletzt trugen auch Äußerungen von Politikern ihren Teil dazu bei. Wer wie Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble Flüchtlinge mit Naturkatastrophen gleichsetzt, gibt genau jenen Auftrieb, die sich bisher nicht aus der Deckung wagten.

Auf der anderen Seite geraten ganz allmählich damit diejenigen in die Defensive, die sich aktiv für Flüchtlinge einsetzen. All jene, die ehrenamtlich in Aufnahmeeinrichtungen arbeiten, die bei Behördengängen helfen oder Kleidung spenden.

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