Christine Haderthauer "Die Sozialdemokraten betreiben Wählerverdummung"

Düsseldorf · Die CSU-Politikerin Christine Haderthauer wirft der SPD bei der "kalten Progression" falsches Spiel vor und will Auflagen bei weiteren Hilfen für arme Bundesländer.

 Christine Haderthauer wirft der SPD bei der kalten Progression falsches Spiel vor.

Christine Haderthauer wirft der SPD bei der kalten Progression falsches Spiel vor.

Foto: HBA

Der EU-kritische Kurs der CSU ist bei den jüngsten Wahlen ins Leere gelaufen. Ist jetzt Schluss mit den Europa-Nörgeleien?

Haderthauer Das ist keine Nörgelei, sondern es ist Aufgabe der Politik, die Sorgen der Bürger zu benennen. Für CSU-Verhältnisse war das Wahlergebnis zwar unbefriedigend, aber wir haben mit über 40 Prozent bundesweit mit Abstand das beste Unionsergebnis. Wir hatten in Bayern zudem die Sondersituation, dass diese Wahl kurz nach unseren Kommunalwahlen kam; es war die vierte Wahl innerhalb von neun Monaten. Die Wahlmüdigkeit war deutlich spürbar, das hatte nichts mit Inhalten zu tun.

Lag das auch an der CSU? Sie haben bisweilen deftig zugelangt. Gauweiler hat die Kommission als Flaschen bezeichnet. Da fühlt sich doch der Bürger geradezu ermutigt, die noch euro-kritischere AfD zu wählen.

Haderthauer Nein, die AfD wurde in Bayern kaum besser gewählt als anderswo. Anders als die Theoretiker der AfD haben wir Erfolge vorzuweisen. Unsere kritische Haltung als CSU hat maßgeblich dazu beigetragen, dass etwa bei der Vergabe der Rettungsmilliarden an Griechenland und andere Länder strenge Regeln aufgestellt wurden. Die hätte es nur mit der SPD nicht gegeben. Deutschland ist Klassenbester in Europa. Unsere Europapolitik hat ihren Wirkbeweis bereits erbracht.

Sie wollten die Zahl der Kommissare halbieren. Das ist doch unrealistisch.

Haderthauer Man muss auch Ziele formulieren, die nicht gleich am nächsten Tag durchsetzbar sind. Unsere mutigen Thesen waren richtig, vielleicht hätten wir sie aber noch geschlossener vertreten müssen.

Beflügelt das Ergebnis die Diskussion um die Nachfolge Horst Seehofers?

Haderthauer Nein, die Diskussion gibt es nicht. Horst Seehofer wird auf jeden Fall bis 2018 Ministerpräsident in Bayern sein. Bis dahin ist genug Zeit, Zukunftsplanungen vorzunehmen. Nichts fördert Politikverdrossenheit mehr als jahrelange Thronfolgerdiskussionen.

In der großen Koalition ist die Stimme der CSU leiser geworden. Warum sind Sie nicht wie die SPD für eine Senkung der "kalten Progression"?

Haderthauer Weil das eine verlogene Debatte war. Die SPD hat im Wahlkampf noch Steuererhöhungen gefordert und sich vor einem halben Jahr noch mit Händen und Füßen gewehrt, dass das Thema "kalte Progression" in den Koalitionsvertrag kommt. Um die Koalition mit der SPD hinzubekommen, mussten wir andere Prioritäten vereinbaren, und jetzt, wo das verfügbare Geld und auch die Mehreinnahmen verplant sind, kommt die SPD mit dem Thema daher. So etwas nenne ich Wählerverdummung. Wenn die SPD uns freilich sagt, welche Umschichtungen sie vornehmen möchte, bin ich die Erste, die leidenschaftlich für die Abschaffung der Progression kämpft.

NRW hat Pläne für einen neuen Länderfinanzausgleich. Machen Sie mit?

Haderthauer Ich begrüße es sehr, wenn Nordrhein-Westfalen jetzt gesprächsbereit ist, wir sind sofort dabei. Die Geberländer, an der Spitze Bayern mit über vier Milliarden Euro in diesem Jahr, zeigen seit Langem, dass sie viel von Solidarität halten. Aber wir wollen ein System, das sicherstellt, dass diese Solidarität künftig mit klaren Auflagen für die Haushaltsdisziplin der Nehmerländer verbunden wird. Ziel muss sein, dass der Ausgleich kein Dauerzustand wird, mit dem man sich dann vielleicht auch noch gemütlich einrichtet. Ich bin sicher, auch die Bürger von NRW wünschen sich, dass ihr Land wieder aus der Nehmerlandsituation herauskommt.

Martin Kessler fasste das Gespräch zusammen.

(kes)
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