Scheidender US-Präsident Barack Obama warnt in seiner letzten UN-Rede vor Abschottung

Zum Abschied gibt Barack Obama noch einmal Kostproben seiner viel bewunderten Redekunst. In seiner letzten Rede vor der UN-Vollversammlung ruft er in leidenschaftlichen Worten zur globalen Zusammenarbeit auf – und teilt subtil gegen seinen potentiellen Nachfolger Donald Trump aus.

 Barack Obama bei seiner Rede vor den UN.

Barack Obama bei seiner Rede vor den UN.

Foto: rtr, HB

Zum Abschied gibt Barack Obama noch einmal Kostproben seiner viel bewunderten Redekunst. In seiner letzten Rede vor der UN-Vollversammlung ruft er in leidenschaftlichen Worten zur globalen Zusammenarbeit auf — und teilt subtil gegen seinen potentiellen Nachfolger Donald Trump aus.

´"Ein Staat, der sich mit Mauern umgibt, baut sich letztlich nur sein eigenes Gefängnis”, sagt Obama. Der wichtigste Adressat der Rede sitzt gar nicht im Saal des UN-Hochhauses am New Yorker East River. Trumps Domizil liegt keine drei Kilometer davon entfernt an der Fifth Avenue, der Tycoon dürfte die Rede allenfalls am Fernseher verfolgt haben.

Auf seine Pläne, an der Grenze zu Mexiko eine Mauer hochzuziehen, ist gleichwohl vieles gemünzt, was Obama zu sagen hat. Am Pult steht ein Internationalist, der ausmalt, welche Gefahren sich mit einem Planeten verbinden, auf dem sich jeder in sein eigenes Schneckenhaus zurückzieht.

"Möchte Ihnen empfehlen, dass wir nach vorn gehen und nicht zurück"

Man könne entweder die Kooperation ausbauen oder aber zurückfallen in eine Welt, die scharf geteilt sei, beschreibt Obama die Wegscheide. "Ich möchte Ihnen empfehlen, dass wir nach vorn gehen und nicht zurück." Das Zusammenwachsen der globalen Ökonomie habe das Leben von Millionen von Menschen verbessert. Allerdings, räumt er ein, müsse man beim Vorangehen den eingeschlagenen Kurs korrigieren.

Der US-Präsident spricht von abgewanderten Industriejobs und frustrierten Arbeitern, von aggressivem Nationalismus und plumpem Populismus, von einfachen Rezepten, die bei Verlierern der Globalisierung Gehör fänden. "Wir können diese Visionen nicht einfach abtun. Sie sind mächtig. Sie spiegeln eine Unzufriedenheit, die zu viele unserer Bürger empfinden."

Die Fortschritte, die man über Jahrzehnte gemacht habe, würden durch Verunsicherung, durch ein diffuses Unbehagen und blutige Konflikte infage gestellt. "Die Antwort kann keine Ablehnung der globalen Integration sein." Vielmehr müssten die Staaten zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass mehr Menschen als bisher von den Vorteilen der globalen Integration profitierten.

Als er die nötige Kurskorrektur beschreibt, klingt er fast wie Bernie Sanders, der Held der Linken, der Hillary Clinton ein hartes Duell um die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten geliefert hatte. Eine Welt, in der ein Prozent der Erdenbewohner so viel besitzen wie die restlichen 99 Prozent, könne nicht stabil sein. Eine Volkswirtschaft habe mehr Erfolg, wenn sie die Lücke zwischen Arm und Reich schließe. Dass dies im eigenen Land in seinen acht Amtsjahren nicht gelungen ist, erwähnt Obama allerdings nicht.

Einige, sagt er, seien offenbar der Ansicht, dass die Zukunft Autokraten begünstige, "den starken Mann". Doch im 21. Jahrhundert könne eine Gesellschaft mit derartigen Vorstellungen nur bis zu einem gewissen Punkt gelangen, bevor sie sich zwangsläufig öffnen müsse. Wie die Geschichte lehre, bedienten sich die starken Männer zweier fragwürdiger Methoden, um ihr politisches Überleben zu sichern.

Zum einen unterdrückten sie ihre eigene Bevölkerung, zum anderen erklärten sie Akteure im Ausland zu Sündenböcken, was wiederum zu Krieg führen könne. Prägnante Kritik übt Obama an Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten: In einer Welt, welche die Ära von Imperien hinter sich gelassen habe, versuche Russland mit Gewalt verlorenen Ruhm wiederzuerlangen.

Zur Flüchtlingskrise formuliert er Sätze, die einmal mehr an den aufgeklärten Weltbürger denken lassen, auch wenn seine eher bescheidenen Taten deutlich zurückbleiben hinter seiner edlen Rhetorik. Zwar haben die USA mittlerweile ihr Versprechen erfüllt und seit Beginn des Bürgerkrieges mehr als zehntausend Syrern Asyl gewährt, doch dass dies nur ein Klacks ist im Vergleich zu den Flüchtlingszahlen in Deutschland oder Schweden, braucht der Präsident vor diesem Gremium nicht zu erklären.

"Wir müssen unsere Herzen öffnen und jene willkommen heißen, die ohne eigenes Verschulden alles verlassen mussten, was ihnen lieb war", sagt er. "Wir müssen uns ausmalen, was das für unsere eigenen Familien, für unsere eigenen Kinder bedeuten würde." Einige Staaten täten das Richtige, indem sie den Fliehenden zu Hilfe kämen. Viele andere, darunter auch reiche Länder, könnten wesentlich mehr tun.

Schließlich beschwört Obama den Charme geduldigen Feilens an einer politischen Lösung. Im syrischen Bürgerkrieg, sagt er, werde keine Seite einen militärischen Sieg davontragen. "Uns wird nichts anderes übrig bleiben, als uns der harten Arbeit der Diplomatie zu widmen."

(FH)
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