Stadt Willich Harald Dietl begeistert als neugieriger Weltenbummler

Stadt Willich · Wie kommt ein Schauspieler dazu, über etwas zu schreiben, was nichts mit dem Theater zu tun hat? Als Gast bei den Schlossfestspielen Neersen beantwortete Harald Dietl die rhetorische Frage mit dem Bekenntnis: "Mein Motto ist, die Welt will gesehen werden."

 Harald Dietl las im Ratssaal von Schloss Neersen.

Harald Dietl las im Ratssaal von Schloss Neersen.

Foto: Achim Hüskes

Und daran wolle er andere teilhaben lassen. Zur Lesung aus der Kurzgeschichtensammlung "Von Reisen und Menschen" ließ der 82-jährige Weltenbummler seine Zuhörer im Ratssaal teilhaben an vielfältigen Erlebnissen von China über Kuba bis Bayern. Die Erinnerungen aus etwa 60 Jahren Lebenszeit waren offensichtlich so präsent, dass Dietl oftmals noch in sich hinein schmunzelte und spontan entschied, die eine oder andere der beschriebenen Szenen nachzustellen. Während der beinahe zweistündigen Lesung unterstrich Dietl über wechselnde Stimmlagen, Mimik und Dialekte die Beschreibung der persönlichen Eigenarten der Wegbegleiter seiner bisherigen Lebensreise.

Der als Oberkommissar Kalle Feldmann aus der Krimiserie "Die Männer vom K3" bekannte Darsteller spielte immerhin auf den Bühnen von vier Kontinenten. 1958 tourte er mit einem deutschsprachigen Wandertheater zu Schiff, Bus, Bahn und sogar Pferd durch Südamerika. Mit dem Goethe-Institut reiste er durch Asien, Australien, Nord-Amerika und Europa. Reportagen führten in nach Burma, China, Sibirien, in die Mongolische Volksrepublik, nach Albanien und Vietnam. Da Dietl Schauspieler und Synchronsprecher ist und die Reiseerlebnisse biografisch sind, war die Welt der Bühne natürlich immer wieder präsent. So fügte sich die Lesung gleich zweifach ins Programm der Festspiele mit dem diesjährigen Motto "Das Leben - eine Reise".

Da sich tags zuvor die Teilnehmer der Jungen Schlossfestspiele im Finale gemessen hatten, erzählte Dietl spontan von seinen ersten Erfahrungen im Metier und dem ersten Textpatzer. Er nahm seine Zuhörer mit nach Hongkong, wo ein Hotelaufenthalt für ihn zur unfreiwilligen Odyssee im Schlafanzug wurde. Das kernige Wesen des Autors ließ die Besucher unschwer erraten, dass es ihm angesichts einer endlosen Kette von Irrungen und Wirrungen sicherlich nicht leicht gefallen war, die gerade in China verlangte Contenance zu wahren. Mit sichtlichem Vergnügen las Dietl von seiner Untersuchung bei einer schönen jugoslawischen Ärztin, die ihm wegen der "etwas harten Leber" riet: "Müssen Slibovitz trinken, macht Lebär wiedär weich."

(RP)
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