Neuss Breite Mehrheit trägt den städtischen Etat

Neuss · Bürgermeister Breuer (SPD) bringt seinen Haushalt 2018 sicher durch. Das Zahlenwerk wird von der schwarz-grünen Mehrheit mitgetragen. Die FDP führt die Nein-Sager an. Trotz strukturellem Defizit hat Neuss keine finanziellen Sorgen.

Obwohl Bürgermeister Reiner Breuer ohne eigene Ratsmehrheit regieren muss, bringt der Sozialdemokrat zum dritten Mal in seiner Amtszeit seinen Haushaltsplan sicher durch. Gestern stimmten neben seiner SPD auch die schwarz-grüne Mehrheit für das Zahlenwerk, das - um Sondereffekte bereinigt - das seit Jahren bekannte strukturelle Defizit von rund zehn Millionen Euro aufweist. So auch 2018. Während auf der einen Seite die ganz große Koalition von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und SPD den Rathaus-Kurs in der Finanzpolitik bestätigte, führte die FDP die kleine Schar der Nein-Sager an, in die sich auch Die Linke, AfD sowie UWG/BIG-Partei einreihten.

Gestern verabschiedete der Rat einen Finanzplan, der schon beim Start einen Fehlbetrag von 66 Millionen Euro dokumentiert. Aufwendungen in Höhe von 439 Millionen Euro stehen lediglich 473 Millionen Euro an Einnahmen gegenüber. Doch das beunruhigt in Politik und Verwaltung niemanden, denn der Grund für das einmalig große Loch ist bekannt: Neuss zahlt im nächsten Jahr die Zeche für den Geldsegen im vergangenen Frühjahr. Da zahlte Johnson & Johnson 152 Millionen Euro Gewerbesteuer in die Stadtkasse ein. Der gewaltige Betrag wurde durch die Sitzverlegung einer Firmenholding von Neuss nach Wien fällig. An diesem Gewerbesteuer-Segen muss Neuss über Umlagen und Zuschuss-Minderungen auch andere Kommunen teilhaben lassen. Nur ein kleinerer Anteil verbleibt letztlich bei der Stadt. Der Restbetrag ist aber groß genug, die städtische Ausgleichrücklage mit 58,4 Millionen Euro auf ein Rekordniveau anwachsen zu lassen.

Mit diesem Geldpolster im Rücken geht die Stadt Neuss trotz ihres strukturellen Defizits ohne allzu große Finanzsorgen in die Zukunft. Im Vergleich zu vielen anderen Kommunen sind die Finanzen der Stadt Neuss immer noch geordnet.

Die Folge: Der Sparwillen der Politiker ist bescheiden. 170 Vorschläge auf Sparpotenzial unterbreitete die Verwaltung einer Arbeitsgruppe Konsolidierung. Letztlich rang sich der Rat aber nur zu Einsparungen in Höhe von mageren 730.000 Euro durch. Das selbstgesteckte Ziel von zwei Millionen Euro wurde deutlich verfehlt. Und auch gestern in der Haushaltsdebatte, sie gilt traditionell als Generaldebatte über den Politikkurs im Rathaus, blieb Kritik an der Ausgabepraxis der Stadt weitgehend aus. Im Gegenteil. SPD, Die Linke sowie UWG/BIG beklagten, dass Schwarz-Grün den Einstieg in einen letztlich fünf Millionen Euro teuren betragsfreien Kita-Besuch verweigert habe. Von Aufgabenkritik und Sparvorschlägen keine Spur. Einzig Dirk Kranefuß (AfD) formulierte zumindest einen Gedanken. Er schlug vor: Die acht kreisangehörigen Städte und Gemeinden sollten in Überlegungen einsteigen, ihre Verwaltungen zu verschmelzen, um auf Dauer mit weniger Personal und mehr IT die Kosten drastisch zu reduzieren.

Ohne eigenes Zutun dürfen die Neusser Stadtverordneten aber dennoch auf Besserung hoffen. Die Stadt würde von Umlageabsenkung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) profitieren, wenn der Rhein-Kreis die Ersparnis, wie vom Landrat bei der Etateinbringung am Mittwoch in Aussicht gestellt, im vollen Umfang an seine Kommunen weiterleiten wird. Gestern tat der LVR den ersten Schritt. Die Landschaftsversammlung beschloss einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr und senkte den Umlagehebesatz um 0,75 Prozentpunkte ab. Zudem legte die LVR-Kämmerin gestern einen Etatentwurf vor, der mit einem um 1,5 Prozentpunkte geringeren Hebesatz auskommt.

Sollte die Stadt zudem noch, was nach Aussagen der schwarz-grünen Koalitionären jetzt wieder möglich scheint, die Herbert-Karrenberg-Förderschule an den Rhein-Kreis übertragen, würden sich weitere finanzielle Verbesserungen positiv auf den Haushalt 2018 auswirken.

(-lue)
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