Langenfeld Langenfelder verkörpern Wiener Typen

Langenfeld · Ensemble des Stadttheaters zeigt in einer Inszenierung von Constantin Marinescu ein Stück von Erich Sedlak.

 Als "ganz normale Alltagsbürger" trat die Theatergruppe auf.

Als "ganz normale Alltagsbürger" trat die Theatergruppe auf.

Foto: rm-

Flammt das Scheinwerferlicht zur Premiere auf, dann ist für Schauspieler der Großteil der Arbeit bereits getan. "Wahre Marathonproben" nannte Regisseur Constantin Marinescu die Fleißleistungen seiner Akteure an langen Nachmittagen. Auf der heimeligen Stadttheater-Bühne des Freiherr-vom-Stein-Hauses galt es nun, das probierte Werk vor treufreudigem Publikum zu vollenden.

Die wohl wichtigste Aufgabe des Leiters eines Laienschauspiels liegt in der Auswahl eines zu seiner Darstellergruppe passgenauen Stückes. Mit "Ganz normale Alltagsbürger" des Österreichers Erich Sedlak hatte sich Constantin Marinescu für eine Sammlung tragikomischer Panoptikumsstreiche entschieden. Bei denen konnten die Langenfelder Schauspieler echte Originale verkörpern. Bühnenpädagoge Marinescu stellte in dem mit 50 Zuschauern voll besetzten Theatersaal den Autor als Zugang zum Werk vor: "Sedlak interessiert sich für den kleinen Mann, gibt ihm das Wort und lässt ihn monologisieren."

Unter Literaten ist dieser Ur-Wiener bestens bekannt, doch für viele von uns Preußen gilt es, ihn und seine Praterschattenwelt noch kennenzulernen. Zum Kennzeichen dieser Inszenierung geriet, dass die Mimen nicht miteinander, sondern wie isoliert nacheinander agierten.

Ein Kniff, der einerseits die Dramatik der schicksalhaften Einsamkeit jedes Menschen in schmerzliche Erinnerung rief, doch auch alle Facetten des Individuums ausleuchten lässt. So kämpfte Horst Labonde einen nicht zu gewinnenden Windmühlenkampf gegen die Zeitzähne und stemmte sich gegen die Zerstörung einer Jugendstilvilla. Dabei schwärmte er derart von alten Tagen, dass er für einen kurzen Moment sogar obsiegt.

Das ebenso packende wie praktische von Donna Dragné geschaffene Bühnenbild suggeriert durch schlichte Fassadenschluchten die Stimmung einer Mietskaserne in Wien, wo Anonymität und Totalüberwachung eine absurde Bindung eingehen. Dort wird konsequent Alpdrücken verdrängt, wie jenes - das Rita Premm und Dagmar van Endert zu verkörpern verstehen - niemals aus der Menschenmasse jener Hauptstadt der pompösen Tanzbälle auftauchen zu können. Große Damen gaben Ingeborg Jansen und Bärbel Bilstein, die es nicht lassen können, die Kunstwelt der Moderne gleichwohl zu durchstreifen wie zu verachten. Allerlei donaudialektische Spezialvokabeln, für hiesige Ohren oft unbekannt, durchziehen die Textvorlage gleich Lautmalereien. Jürgen Reichert verstand es zudem, einen weingeschwängerten Alpenraum-Zungenschlag zu zelebrieren, der tief in die Wiener Seele blicken ließ; dort wo Sturheit auf Sensibilität trifft.

Es traten aber durch die von Hans und Margarete Brömme leidenschaftlich belebten Rosenverkäufer und Hundehasser auch menschelnde Archetypen auf, die in jeder anderen Stadt, selbstredend auch in Langenfeld, vorstellbar sind.

Weitere Aufführungen: 28. und 30. Oktober, 5. und 6. November

(lard)
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