Eisenbahn-Reisen Museumsbahnen als Tourismusmagnet

Osnabrück · Quer durch Deutschland entdecken Kommunen alte Bahnstrecken als Tourismusfaktor. Um einen alten Zug wieder flott zu machen, restauriert ein Verein in Osnabrück gerade eine historische Lok - eine Mammutaufgabe.

Auf den ersten Blick sieht es eher aus wie ein U-Boot, das bei den Osnabrücker Dampflokfreunden auf einem flachen Waggon gelagert wartet. Bei der riesigen, braun-schwarzen Stahlröhre handelt es sich jedoch um den Kessel von Dampflok 41 052, die der Verein wieder auf große Fahrt schicken will. Bis die 1977 von der Bundesbahn ausrangierte Lok wieder unter Dampf steht, ist noch viel Arbeit nötig, 300.000 Euro an Spendengeldern kostet den Verein die Restaurierung. Mit einem bereits hergerichteten Zug gehen die Osnabrücker in den kommenden Sommermonaten wieder auf Tour - wie auch Dutzende andere Museumsbahnen quer durch Deutschland.

"Wir sind in einem Radius von 150 Kilometern unterwegs", sagt Vereinsprecher Dirk Wortmann zu den Sonderfahrten, für die eine alte Diesellok und neun Wagen zur Verfügung stehen. Gerade aufgearbeitet werde noch eine "Donnerbüchse", ein alter Zweiachser mit schönem Holzinterieur. Ganz wichtig für die Vereinsfinanzen seien auch Charterfahrten, etwa für Hochzeits- oder Geburtstagsfeiern. "Der Nachwuchs ist das Problem", räumt Wortmann ein. Zur Herrichtung von Gleisen und Gebäuden sei handfester ehrenamtlicher Einsatz erforderlich, und auch für die Sonderfahrten müssten die Aktiven morgens um 7 Uhr parat stehen.

Dabei entdeckten immer mehr Kommunen den touristischen Faktor alter Bahnlinien, sagt Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn. Im Erzgebirge etwa setzte sich die Oberbürgermeisterin von Schwarzenberg für den Erhalt der Strecke über das markante Markersbacher Viadukt nach Annaberg-Buchholz für Sonderfahrten ein, weil diese wichtig für den Tourismus ist. Nicht in der Hand von Hobbybahnern, sondern in der Regie des Verkehrsverbundes Rhein-Neckar liegen schon seit Jahren die Ausflugsfahrten ins Dahner Felsenland. "Der Tourismusverkehr kann helfen, einige dieser Strecken irgendwann für den regulären Verkehr zu reaktivieren", meint Naumann. Auch gelegentliche Güterzüge würden von Museumsbahnen übernommen.

Die große Deutsche Bahn kümmert sich unterdessen um den Erhalt des materiellen Erbes der Eisenbahn an den drei Standorten ihres DB-Museums in Nürnberg, Koblenz und Halle. Auch wenn dort jede Menge alter Züge stehen, sei die Hauptaufgabe nicht, historische Fahrzeuge in Betrieb zu halten, sagt der stellvertretende Museumsdirektor Rainer Mertens. "Wir sprechen nicht nur im engeren Sinne Eisenbahnfans an." Vielmehr wird die Kulturgeschichte der Bahn dargestellt, tausende Grafiken, Fotos und alte Pläne gibt es ebenso wie einen visionären Blick in die Zukunft der Mobilität.

Die Fahrten mit alten Zügen hätten dennoch einen ungemein positiven Imagefaktor. "Der Adler-Zug ist ein Lächel-Generator", meint Historiker Mertens zu den Fahrten mit dem Nachbau des ersten Zuges zwischen Nürnberg und Fürth.

Außerdem haben die Museumsaktivitäten der Bahn einen durchaus positiven Nebeneffekt. Während bei den Hobbybahnern regelmäßig pensionierte Berufsbahner im Führerstand sitzen, seien es am DB-Museumsstandort in Koblenz die Modellbahnen, die junge Menschen anlockten und einige zur Berufswahl Bahn brächten, meint der dortige Museumsverantwortliche Wolfgang Ihrlich. "Das ist für die Bahn gut, wir brauchen motivierten Nachwuchs."

Die älteste deutsche Freilicht-Museumsbahn verkehrt übrigens in Norddeutschland. Der Deutsche Eisenbahn-Verein (DEV) gründete 1966 die dampfbetriebene Bahn, die noch heute zwischen Bruchhausen-Vilsen und Asendorf in Niedersachsen fährt.

Bis die 41 052 in Osnabrück wieder fährt, werden wohl noch drei Jahre vergehen. Mit im Führerstand Platz nehmen will dann sicher Bernhard Kovermann - er hat die schwere Güterzuglok zu Bundesbahnzeiten noch selber gefahren.

(dpa)
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