Datenschutz-Fall vor EuGH Der Mann, der Facebook stoppen will

Düsseldorf · Der 27-jährige Max Schrems kämpft für mehr Datenschutz. Inzwischen liegt sein Fall vor dem Europäischen Gerichtshof. Alles begann mit einer einfachen Frage: Welche Daten hat Facebook über mich gespeichert?

 Max Schrems — aus seinem Einzelfall ist inzwischen eine Sammelklage geworden.

Max Schrems — aus seinem Einzelfall ist inzwischen eine Sammelklage geworden.

Foto: dpa, lof

Inzwischen ist aus dem Jura-Studenten ein Jurist geworden, aus der Anfrage ein Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), aus dem Einzelkämpfer eine Sammelklage, der sich 25.000 Menschen anschlossen. Schrems will verhindern, dass Facebook die Daten seiner europäischen Nutzer in die USA überträgt und dort auswertet.

Ein Facebook-Vertreter soll während eines Vortrags, den Schrems während seines Studiums in den USA hörte, lapidar gesagt haben, dass das Unternehmen europäische Grundrechte ignoriere. Das Land, in dem das Soziale Netzwerk seinen Sitz hat, macht ihm dies besonders leicht: In Irland wird Datenschutz klein geschrieben. Das Büro der Datenschutzbeauftragten liegt über einem Supermarkt und zählt nicht einmal 50 Mitarbeiter. Kein Wunder, dass auch andere US-Konzerne wie das Karrierenetzwerk LinkedIn, der Kurznachrichtendienst Twitter oder der Software-Riese Microsoft hier ihren europäischen Sitz haben.

"Abkommen wird von Amerikanern praktisch nicht durchgesetzt"

Entsprechend wenig Interesse hatten die irischen Behörden daher einzugreifen, als Schrems sich 2013 beim dortigen Datenschutz-Beauftragten darüber beschwerte, dass persönliche Daten in den USA nicht vor staatlicher Überwachung geschützt seien. Zwar gibt es das "Safe Harbor"-Abkommen, bei dem Unternehmen zusichern, die Daten europäischer Nutzer auch in den USA angemessen zu schützen — doch in der Praxis, sagt Max Schrems, sei dieser sichere Hafen nicht existent: "Das Abkommen wird von den Amerikanern praktisch nicht durchgesetzt."

So zeigten die Enthüllungen des Ex-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden, dass der US-Geheimdienst NSA sich mittels des Programms "Prism" Zugang zu den Nutzerdaten großer Unternehmen wie Facebook, Yahoo, Google oder Skype verschaffen kann.

Die Unternehmen bestreiten zwar, dass der Geheimdienst ohne Gerichtsbeschluss an die Daten gelangen könnte, doch das reicht dem Wiener Internet-Aktivisten Schrems nicht: "Es gibt vor Massenüberwachung überhaupt keinen Schutz."

Irisches Gericht erzwingt Grundsatzentscheidung

In den irischen Datenschützern fand er dennoch keine Verbündeten — denn die beriefen sich auf eine inzwischen mehr als 15 Jahre alte Entscheidung der EU-Kommission, die das Schutzniveau in den USA im Jahr 2000 als ausreichend eingestuft hatte. Damals gab es weder Facebook noch Twitter, und der erst zwei Jahre zuvor gegründete Suchmaschinenbetreiber Google war noch weit davon entfernt, eines der mächtigsten Unternehmen der Welt zu sein. Kurzum: Als die EU-Kommission urteilte, befand sich die Welt noch im digitalen Mittelalter.

Nun erzwingt das zuständige irische Gericht, das den Fall an den Europäischen Gerichtshof verwies, eine Grundsatzentscheidung, an deren Ende europäische Datenschützer den Datenexport sogar untersagen könnten, wenn sie konkrete Hinweise auf Verstöße gegen das "Safe Harbor"-Abkommen haben. Facebook steht aus Schrems Sicht dabei stellvertretend für die gesamte IT-Industrie, die vielfach das Sammeln, Auswerten und Vermarkten von Daten zu ihrem Geschäftsmodell gemacht hat. Bislang gibt es jedoch keine abschließende Antwort, wie sich der mögliche Nutzen, der sich durch das Analysieren großer Datenmengen ergibt, und der Schutz der Privatsphäre des Einzelnen bestmöglich durchsetzen lassen. Das EuGH-Urteil könnte nun zumindest Zuständigkeiten klären. Ein Urteil wird in einigen Wochen erwartet.

Ein Feldzug eines Technik-Verweigerers gegen den digitalen Fortschritt ist der Prozess jedoch nicht. Schrems bewegt sich — wie die meisten jungen Menschen — völlig selbstverständlich in der digitalen Welt und ist etwa auch bei Twitter aktiv.

(RP)
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