Projekt zweier Berliner Bachelor-Absolventen Workeer.de — eine Jobbörse speziell für Flüchtlinge

Berlin · Mit ihrer Online-Plattform "workeer.de" wollten zwei Berliner Studenten Flüchtlingen helfen, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Und das mit Erfolg: Hunderte Anzeigen sowohl von Arbeitgebern als auch Jobsuchenden sind bereits auf der Seite eingestellt. Das hat selbst die beiden Macher überrascht.

 David Jacobs (l.) und Philipp Kühn sind die Macher der Plattform workeer.de

David Jacobs (l.) und Philipp Kühn sind die Macher der Plattform workeer.de

Foto: Workeer

Sie haben in ihrer Heimat als Zahnärzte gearbeitet, als Architekten, Köche oder IT-Fachkräfte, sie haben gerade ihr Studium beendet oder steckten noch mittendrin — und sie haben eines gemeinsam: Sie verließen ihre Heimat in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft und versuchen nun, auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Zwei Berliner Studenten wollen ihnen dabei helfen.

 So sieht die Webseite workeer.de aus.

So sieht die Webseite workeer.de aus.

Foto: Workeer

David Jacobs und Philipp Kühn haben die Online-Plattform workeer.de ins Leben gerufen, mit der sie Flüchtlinge und Arbeitgeber zusammenbringen wollen. Es ist ihr Abschlussprojekt im Rahmen ihres Bachelor-Studienganges Kommunikationsdesign und die erste Plattform dieser Art in Deutschland. "Wir wollten für unsere Abschlussarbeit etwas Praktisches machen", erklärt David Jacobs im Gespräch mit unserer Redaktion. "Da wir beide politikinteressiert sind und man derzeit nicht an der Flüchtlingsproblematik vorbeikommt, haben wir uns für dieses Thema entschieden."

Es folgten Gespräche mit Flüchtlingsinitiativen, mit Betroffen selbst und schließlich der Launch der Beta-Version von workeer.de. "Mit der Plattform soll ein geeignetes Umfeld geschaffen werden, in dem diese besondere Gruppe von Arbeitssuchenden auf ihnen gegenüber positiv eingestellte Arbeitgeber trifft", schreiben die beiden auf der Webseite. Entsprechend findet man bei "workeer" sowohl Stellenangebote von Firmen als auch die Profile von Flüchtlingen, die einen Job suchen.

"Ich nehme jede Arbeit an", "Ich suche ein Praktikum" — Sätze wie diese sind in den Profilen der Flüchtlinge immer wieder zu finden. Manche stellen ihren Lebenslauf ein, manche nur ein paar Worte, manche ihre ganz persönliche Geschichte. Da ist etwa der junge Mann, der schreibt, dass er den Iran fluchtartig habe verlassen müssen, weil die Familie seiner Frau (sie sei Jesidin) bedroht und auch das Paar selbst gesucht worden sei. "Wir wollten sichtbar machen, was für Menschen hinter den Profilen stecken — sowohl menschlich als auch fachlich", sagt David Jacobs. Daher hätten die Bewerber neben dem Lebenslauf die Möglichkeit, etwas über sich selbst und ihre Motivation zu berichten. Sofort sichtbar für Arbeitgeber ist auch, woher die Flüchtlinge kommen und wie lange sie in Deutschland leben.

Die Flüchtlinge selbst können auf der Plattform ebenfalls nach Jobs suchen. Noch ist die Seite nur in deutscher Sprache gehalten, aber das sei, so Jacobs, vielleicht auch ein Stück weit gewollt, weil so mancher Arbeitgeber zumindest Grundkenntnisse der deutschen Sprache erwarte. Aber die beiden Berliner wollten die Seite später auch in anderen Sprachen zur Verfügung stellen.

Überhaupt soll noch einiges hinzukommen bis zum Ende des Jahres. Dazu werten Jacobs und Kühn auch das Feedback der Nutzer aus. So sei etwa eine Informationsseite geplant, auf der rechtliche Dinge erklärt werden. Denn nicht allen Flüchtlingen ist es überhaupt gestattet zu arbeiten. Allerdings dürften sie bereits in einem recht frühen Stadium Ausbildungen oder Praktika machen, erläutert Jacobs. "Es muss ja gar nicht immer die super Festanstellung sein, sondern es geht darum, erste Kontakte zu knüpfen und den Fuß in den deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen", sagt er. So habe etwa ein Bewerber ein Praktikum gesucht, weil er einfach nicht seine Praxis verlieren wollte, schildert Jacobs.

Diese Menschen helfen Flüchtlingen
23 Bilder

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Schon 200 Jobs im Angebot

Die Resonanz auf die Plattform jedenfalls ist enorm. In den sozialen Netzwerken wird der Link zur Seite immer wieder geteilt. Und auf der Website selbst haben schon mehr als 180 Bewerber ein Profil erstellt, mehr als 200 Jobs werden derzeit angeboten. "Eigentlich wollten wir viel kleiner starten — mit ungefähr zehn Arbeitgebern und zehn Flüchtlingen — um zu schauen, wie es angenommen wird", sagt David Jacobs. "Uns hat definitiv überrascht, dass es so gut angenommen wird." Und das dürfte auch in Zukunft noch viel Arbeit für die beiden Bachelor-Absolventen bedeuten.

"Da wir beide gerade anfangen zu arbeiten, werden wir sicherlich ein kleines Team zusammenstellen, um die Seite optimal weiterzubetreuen", sagt Jacobs. Und auch dafür haben sie schon reichlich Unterstützung angeboten bekommen. Ob Rechtsbeistand, Webentwicklung oder allgemeine ehrenamtliche Tätigkeiten, viele wollen den beiden helfen, damit das Projekt weiterhin erfolgreich ist.

Erfolgreich war übrigens auch die Abschlussarbeit selbst: Die beiden hätten eine sehr gute Bewertung bekommen, verrät Jacobs.

(das)
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