Russland Putin ließ Treffen mit Siemens öffentlich machen

Düsseldorf · Die deutsche Wirtschaft fürchtet sich vor Umsatzeinbußen in Russland und geht auf Kuschelkurs zu Putin. Siemens-Chef Joe Kaeser sorgt mit seinem Besuch bei Putin für Wirbel. Auch viele NRW-Konzerne sind eng mit Russland verflochten.

 Joe Kaeser (rechts) hat in Russland Wladimir Putin getroffen.

Joe Kaeser (rechts) hat in Russland Wladimir Putin getroffen.

Foto: afp, ski

Siemens-Chef Joe Kaeser sorgt mit seinem Besuch bei Wladimir Putin für Wirbel. Während der Westen Russland politisch isoliert, hatte Kaeser den russischen Präsidenten in dessen Residenz bei Moskau besucht. Der Besuch war zwar lange geplant. Das Pikante aber: Der Kreml selbst habe erst vor wenigen Tagen darauf gedrungen, das Treffen vor laufenden Kameras stattfinden zu lassen, wie es in Konzernkreisen heißt. Zudem war der Chef der russischen Eisenbahn (Wladimir Yakunin) dabei, der jüngst Einreiseverbot in die USA erhalten hat. Besser kann Russland die Hilflosigkeit der westlichen Politik in der Ukraine-Krise nicht vorführen. Zur Demonstration der Macht gehörte auch, dass Putin vor laufenden Kameras Russisch sprach, wohingegen er hinter verschlossenen Türen mit Kaeser gerne Deutsch spricht.

Siemens hatte Ärger geahnt, deshalb zuvor das Kanzleramt informiert und dem "heute journal" ein Interview angeboten. Dort lobte der Siemens-Chef dann die Partnerschaft (Siemens sei seit 160 Jahren in Russland, man habe viele Herausforderungen gemeinsam gemeistert) und spielte die Ukraine-Krise als "kurzfristige Turbulenz" herunter: "Wir lassen uns in unserer langfristigen Planung nicht von kurzfristigen Turbulenzen leiten". Die Grünen kritisierten Kaeser und sprachen von "Günstlingsmanier". Für Siemens geht es in Russland um viel Geld: Mit 3000 Mitarbeitern setzt der Konzern dort zwei Milliarden Euro im Jahr um. Er verkauft Energie- sowie Verkehrstechnik und würde gerne bei der Moskauer U-Bahn ins Geschäft kommen.

Deutsche Bahn Auch Deutsche Bahn-Chef Rüdiger Grube schert sich wenig um die brisante Lage. Er kündigte an, in wenigen Wochen nach Russland zu reisen. Es gehe in Russland um ein Geschäftsvolumen von 250 Millionen Euro, was für den Gesamtkonzern nicht sehr viel sei. "Aber auch diese 250 Millionen Euro wollen wir nicht gefährden."

Russland ist für die deutsche Wirtschaft als Gaslieferant wichtig, ein Drittel des Gases kommt von dort. Zugleich ist das Land der zehntwichtigste Handelspartner. 6200 deutsche Firmen mit mehr als 250 000 Beschäftigten sind dort aktiv. In vielen NRW-Konzernen hat das Russland-Geschäft hohe Bedeutung.

Eon Russland ist für die Ruhrgas-Mutter traditionell wichtig. 5000 Beschäftigte erwirtschafteten hier zuletzt einen Gewinn von 687 Millionen Euro. Eon-Chef Johannes Teyssen warnte die Politik vor Sanktionen und appelliert, die langjährige Partnerschaft mit Russland nicht leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

Henkel Für den Waschmittel- und Klebstoff-Konzern ist Russland der viertwichtigste Markt, mehr als eine Milliarde Euro wird dort umgesetzt, in Russland und der Ukraine arbeiten 2500 Mitarbeiter. Henkel-Chef Kasper Rorsted erklärt, dass der Konzern Sanktionen der Politik akzeptieren würde — ein Rückzug auf Dauer sei aber undenkbar.

Bayer Der Chemie- und Pharmakonzern macht 750 Millionen Euro Umsatz in Russland, weniger als zwei Prozent des Geschäftes. Aber Bayer will in Rußland zulegen. Konzernchef Marijn Dekkers setzt darum auch auf Entspanung: "Ich hoffe, dass die Situation diplomatisch gelöst werden kann."

Rheinmetall Das Ende des Kalten Krieges hatte den Rüstungskonzern viel Geschäft gekostet, die Nato-Staaten geben weniger Geld für Rüstung aus. Nun hatten die Düsseldorfer darauf gehofft, rund 120 Millionen Euro mit dem Bau eines Gefechtsübungssystems für Russland zu verdienen. Als das Geschäft öffentlich kritisiert wurde, legte die Bundesregierung ein Veto ein.

Und es könnte schlimmer kommen. Die Regierung schließt wirtschaftliche Sanktionen nicht aus, um den Druck zu erhöhen. "Bei einer Eskalation wird der Westen tun, was er tun muss", sagte Schäuble dem "Handelsblatt". "Deutschland ist robust genug, um mögliche negative Folgen auszuhalten."

(csi)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort