Kolumne: Die Ökonomin Die Enteignung der Betriebsrentner

Düsseldorf · Seit 2004 verlangen Krankenkassen den doppelten Beitrag auf Betriebsrenten. Im Zuge der Betriebsrenten-Reform hätte die Politik das Abkassieren jetzt kippen können.

 Unsere Autorin Antje Höning.

Unsere Autorin Antje Höning.

Foto: Höning

Die große Koalition hätte es in der Hand gehabt: Im Zuge der aktuellen Betriebsrenten-Reform hatten die Länder angeregt, ein Ärgernis der Vergangenheit zu beseitigen - die doppelten Beiträge auf Betriebsrenten an die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). Doch nach einem Blick ins Portemonnaie blieben die Minister Andrea Nahles, Wolfgang Schäuble, Hermann Gröhe hart. Alles bleibt so schlecht, wie es ist.

Darum geht es: Im Zuge der Gesundheitsreform im Jahr 2004 hatten sich die SPD und die Union darauf geeinigt, dass Kassenpatienten im Alter auf Betriebsrenten nicht wie zuvor nur den halben, sondern den vollen Beitrag zahlen müssen. Der damalige Verhandlungsführer der Union, Horst Seehofer, hatte die Verhandlungsnacht eine seiner schönsten Nächte genannt. Romantisch können Betroffene das aber nicht finden. Wer 1000 Euro Betriebsrente im Monat bekommt, muss davon im Schnitt 157 Euro Beitrag und Zusatzbeitrag an seine Kasse überweisen. Auch wer die Rente kapitalisieren lässt, ist dran: Von 100.000 Euro muss er gleich 15.700 Euro abführen. Tendenz steigend. So gut kann die Rendite einer vom Arbeitgeber unterstützten Lebensversicherung oder Pensionskasse gar nicht sein, um diesen Ablass auszugleichen.

Betroffene hatten sich bis vor das Verfassungsgericht hochgeklagt. Doch die Richter hatten abgewunken. Bei der Sicherung der Kassen-Finanzen habe der Gesetzgeber weiten Spielraum, lautete ihr Urteil. 2017 hatten Betroffene gehofft, dass der Gesetzgeber diesen Spielraum nutzt, um die Regelung zurückzudrehen. Wollte die große Koalition nicht mit ihrer jüngsten Reform die Betriebsrente attraktiver machen? Und wäre es nicht das einfachste gewesen, dafür die Rendite zu erhöhen? Wäre es. Doch auf die 5,3 Milliarden Euro, die jährlich als Beitrag auf Betriebsrenten in die Krankenkassen fließen, wollte die Politik nicht verzichten. Anstatt den Konflikt mit Kliniken und Pharmaherstellern zu wagen, die die Kosten so treiben, kassieren Nahles und Gröhe lieber die Betriebsrentner ab. Die können sich nicht wehren. Kein Wunder, dass junge Deutsche wenig Lust auf Altersvorsorge haben.

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(RP)
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