Kolumne: Die Ökonomin Das Leiden der vegetarischen Bahnkunden

Die Inflation ist im November nur um 0,4 Prozent gestiegen. Wer kein Auto fährt und kein Fleisch isst, erlebt das ganz anders. Schuld ist der Warenkorb.

Verbraucher können entspannen: Das Leben bleibt günstig. Die Verbraucherpreise lagen im November nur um 0,4 Prozent über denen des Vorjahres, wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte. Die 1970er, als die Inflationsrate über sieben Prozent kletterte, scheinen Lichtjahre entfernt.

Und doch haben manche das Gefühl, dass auch heute alles teurer ist, als die Statistiker behaupten. Wer kein Auto fährt, sondern mit Bus und Bahn unterwegs ist, hat zum Beispiel nichts davon, dass die Spritpreise im Vergleich zum Vorjahr um 9,9 Prozent gefallen sind. Denn die Verkehrsbetriebe haben ihre Ticketpreise nicht gesenkt. Wer mit Gas heizt, spürt auch nicht, dass der Heizölpreis um 23 Prozent gesunken ist. Der Gaspreis blieb fast unverändert. Ebenso nutzt es Vegetariern nichts, dass Fleisch heute etwas günstiger ist - die Preise für Obst (plus zwölf Prozent) und Gemüse (plus neun Prozent) sind gegenüber 2014 kräftig gestiegen.

Schuld ist der Warenkorb: Zur Berechnung der Inflation haben die Statistiker den Warenkorb für einen durchschnittlichen Verbraucher zusammengestellt: Er umfasst 600 Güter - von der Miete über einen anteiligen PC bis zur Briefmarke. Jeden Monat schickt das Amt Preiserheber aus, um Veränderungen zu ermitteln. Je mehr der persönliche Warenkorb vom durchschnittlichen abweicht, desto stärker weicht die subjektive von der amtlichen Inflation ab. Das haben auch viele erlebt, die den Euro nach Einführung für einen Teuro hielten, weil sie überdurchschnittlich viele der tatsächlich teurer gewordenen Güter (Restaurantbesuche) konsumierten.

Inzwischen bietet das Statistische Bundesamt einen persönlichen Inflationsrechner an: Hier können Bürger ihren eigenen Warenkorb einstellen und beobachten.

Für die Geldpolitik bleibt der amtliche Warenkorb maßgeblich. Dass dieser sich nur um 0,4 Prozent verteuert hat, was unter der Zielmarke von knapp zwei Prozent liegt, ist übrigens kein Anlass zur Sorge. Grund ist der (durch die Ölschwemme gefallene) Ölpreis. Ohne Sprit und Heizung läge die Inflation bei 1,3 Prozent. Ein fast gesunder Wert.

Ihre Meinung? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de.

(RP)
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