Kolumne: Die Ökonomin Brauchen wir die Rente mit 73?

Das Institut der deutschen Wirtschaft zeigt, welche Folgen es hat, wenn man das Rentenniveau nicht senkt. Was die IG Metall für einen Skandal hält, ist schlichter Dreisatz.

Der Aufschrei kam prompt: "Rentenpolitische Geisterfahrt", wettert die Links-Partei. "Skandal" ruft die IG Metall. "Irrglaube" schimpft Arbeitsministerin Nahles. Sie alle geißelten jüngst einen Beitrag des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), wonach die Deutschen bis 73 Jahre arbeiten müssen. Typisch, könnte man meinen. Kaum reichen wir der Wirtschaft die Hand und arbeiten bis 67, da will sie noch mehr. Gönnt sie uns den Ruhestand nicht?

Doch. Die IW-Forscher fordern nicht mal, dass die Deutschen bis 73 schuften. Sie rechnen nur vor, was passiert, wenn man das Rentenniveau nicht senkt und die Beiträge stabil lässt. Wenn also das geschieht, was Linke im Kampf gegen Altersarmut wünschen. Doch in der Rentenpolitik geht es nicht ums Wünschen, sondern um simplen Dreisatz.

In einem auf dem Umlageverfahren beruhenden Rentensystem gilt: Zahlen weniger Arbeitnehmer ein, muss jeder mehr abführen oder kann weniger rausholen. Das erste vernichtet Jobs, das zweite macht Rentner ärmer. Wer beides ablehnt, muss zwangsläufig länger arbeiten lassen. Und nur das hat das IW berechnet: Das Renteneintrittsalter muss demnach bis 2030 auf 69 Jahre steigen und bis 2041 auf 73.

Darüber kann man ja durchaus reden. Skandinavische Länder haben längst den Beginn des Ruhestands flexibel an die steigende Lebenserwartung gekoppelt, die Dänen müssen ab 2030 bis mindestens 71 arbeiten. Man kann auch darüber reden, was die Wirtschaft tun muss, um 67-Jährige bei guter Gesundheit im Job zu halten. Vor allem muss man sich fragen, was an einem sinkenden Rentenniveau überhaupt schlimm ist. Das Rentenniveau ist das Verhältnis der durchschnittlichen Rente eines Neu(!)-Rentners zum Durchschnittseinkommen eines Erwerbstätigen im selben Jahr. Es geht also nicht um Kürzungen für heutige Rentner, sondern um weniger Geld für künftige, die noch Zeit für private Vorsorge haben. Worüber man nicht reden kann, ist die schlichte Mathematik der Rentenformel. Älter werden ohne Gegenleistung gibt es nicht.

Fragen? Schreiben Sie der Autorin unter kolumne@rheinische-post.de.

(RP)
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