Kolumne: Der Ökonom Italiens Banken am Abgrund

Solange Banken nicht pleitegehen können, unterschätzen sie systematisch die Risiken - wie im aktuellen Fall die maroden Banken Italiens. Gefragt ist eine Exit-Strategie.

Italien ist die viertgrößte Volkswirtschaft Europas, aber mit Griechenland zugleich die schwächste. Das Land ächzt unter einer Staatsschuld von 135 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, mehr als doppelt so viel wie die Maastricht-Kriterien für Euro-Staaten erlauben. Zugleich haben die Banken faule Kredite von 360 Milliarden Euro, die fast ein Viertel der italienischen Wirtschaftsleistung ausmachen. Das ist brandgefährlich.

Italiens Premier Matteo Renzi will den angeschlagenen Banken mit Steuermitteln helfen. Genau das verbietet aber die erst 2014 in Kraft gesetzte Banken-Union der EU. Danach sollen nach dem Haftungsprinzip zunächst die Aktionäre, Gläubiger und großen Einlagen-Kunden (ab 100.000 Euro) für die Verluste aufkommen.

Das passt aber Renzi nicht ins politische Konzept, weil Großbanken wie etwa das weltweit älteste noch bestehende Kreditinstitut Monte dei Paschi aus Siena vielen Kleinaktionären gehören. Genau die braucht er für sein Referendum zur Veränderung des Wahlsystems im Herbst.

Langfristig dürfte eine solche Rettungsaktion indes wenig bewirken. Denn Monte dei Paschi und andere Großbanken wie etwa die auch in Deutschland tätige Unicredit haben sich hoffnungslos übernommen. Bei jeder größeren Krise an den Finanzmärkten wie jüngst bei der Brexit-Entscheidung gehen sie deshalb in die Knie. Da helfen auch Staatsmittel kaum weiter. Die verschlimmern sogar die Lage, weil die Banken nicht für ihre fahrlässige Risikopolitik bestraft werden und auch künftig darauf bauen können, dass der Steuerzahler substanzgefährdende Verluste trägt. Das nennt man ökonomisch den "Moral hazard", nämlich fatale Gewissheit, für falsches Verhalten keine Verantwortung übernehmen zu müssen.

Will Renzi die Krise wirklich überwinden, muss er Banken wie Monte dei Paschi in das von der EU vorgeschriebene Abwicklungsverfahren geben. Diese Bank ist restlos gescheitert und muss geschlossen werden. Dann kann Renzi immer noch die Klein-Aktionäre mit Steuergeldern entschädigen.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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