Kolumne: Der Ökonom Griechen sind besser als ihr Ruf

Düsseldorf · Griechenland befindet sich im siebten Jahr der Krise. Doch so langsam schlägt der Reformkurs an. Die Griechen könnten ihre Schulden- und Wirtschaftsprobleme lösen.

 Unser Autor Martin Kessler.

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Foto: Kessler

Mit Griechenland waren alle unzufrieden: die Linken, weil sie das Land durch die Sparpolitik erdrosselt sahen. Die Rechten, weil sie der Regierung Tsipras eher Tricks als tatsächlichen Sparwillen unterstellten. Beide Seiten hatten unrecht. Im siebten Jahr der Krise gibt es trotz aller noch vorhandenen Krisensymptome erste Anzeichen einer Besserung.

Zum ersten Mal seit Menschengedenken hat das Land 2016 in seinem Gesamthaushalt - Zentralregierung, Kommunen und Sozialversicherungen - einen Überschuss erzielt. Er fällt mit 1,3 Milliarden Euro zwar nicht gerade üppig aus, aber immerhin. Zieht man die Zinsen ab, sind es sogar 4,5 Milliarden Euro. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt wäre das eine Überschussquote von 2,6 Prozent, mehr als die strengen Gläubiger von der EU, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) verlangen.

Tatsächlich zahlt Griechenland auf seine Schulden eine Zinsquote von 1,8 Prozent, das ist weniger als vor dem Krisenjahr 2009. Und sollte das Land die Wirtschaftsleistung jenes Jahres erreichen, würde die Gesamtverschuldung auf 130 Prozent sinken. Damit befände sich Griechenland in Gesellschaft von Italien oder den USA. Es wäre an den internationalen Finanzmärkten kreditwürdig.

Natürlich ist das südeuropäische Land von einem selbsttragenden Aufschwung noch meilenweit entfernt. Aber es tut sich etwas. In diesem Jahr wird ein neuer Besucherrekord im Tourismus erwartet. Von dem ist jeder fünfte Arbeitsplatz abhängig. Aber auch die Investitionen nehmen wieder zu, neue Unternehmen werden gegründet, und in die Athener Innenstadt ziehen wieder Läden, Restaurants und Cafés ein.

Bleibt die Regierung bei ihrer Linie und die Gläubiger bei ihrer Strenge, könnte Griechenland auf die Beine kommen. Dann wäre es an der Zeit, einen Teil der Schulden (bei strikter Haushaltsdisziplin) zu erlassen. Das hätte das Land verdient.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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