Kolumne: Der Ökonom Die EU könnte mit weniger Geld auskommen

Mehr als 140 Milliarden Euro flossen 2015 in den Etat der Europäischen Union. Eine ökonomische Begründung für die Höhe dieses Budgets existiert jedoch nicht.

 Unser Autor Martin Kessler.

Unser Autor Martin Kessler.

Foto: Kessler

Über die Finanzen für die Europäische Union (EU) herrschen zum Teil abenteuerliche Vorstellungen. So fordern EU-Bürokraten tatsächlich, dass die Länder bis zu vier Prozent ihres Bruttonationaleinkommens, also der Wirtschaftsleistung ihrer Bürger, an Brüssel abführen sollen. So sollte die EU auch finanziell ein globaler Spieler werden. Auch Schuldenszenarien werden für den EU-Haushalt durchgespielt, um etwa Investitionen oder Konjunkturprogramme zu finanzieren.

Solche Pläne zeugen von wenig ökonomischem Sachverstand. Wer eine Ausdehnung der Finanzen von den bislang erlaubten 1,23 Prozent fordert, sollte zuerst einmal begründen, warum dies nötig ist. Nach den Lehren der Finanzwissenschaft soll der Staat öffentliche Güter herstellen - also Geld für Dinge wie Verteidigung, innere Sicherheit oder Küstenschutz ausgeben. Das sind Güter, die auf dem Markt nicht produziert würden. Zudem ist zu klären, welche staatliche Ebene für welche Aufgaben zuständig ist. Danach müsste die EU globale öffentliche Güter bereitstellen, also Leistungen, die die einzelnen Nationalstaaten nicht erfüllen können. Dazu zählen die Sicherung der Außengrenzen, die gemeinsame Verteidigung und Regeln für die Einwanderungspolitik. Tatsächlich gibt die EU ihre rund 140 Milliarden Euro jährlich vornehmlich für Landwirtschaftssubventionen (40 Prozent), die regionale Angleichung (36 Prozent) sowie für Forschung und Entwicklung (11 Prozent) aus.

Die Agrarsubventionen helfen wenig, um die Landwirtschaft Europas an die Weltwirtschaft anzupassen. Sie wirken eher verzerrend für den europäischen Markt, wenn etwa polnische Großbetriebe deutsche Familienunternehmen verdrängen. Bildungs- und Infrastrukturausgaben für ärmere EU-Länder sind dagegen sinnvoll. Ob die hochentwickelten Länder FuE-Zuschüsse brauchen, ist indes eher zweifelhaft. Es bleibt eine Herausforderung, die EU-Ausgaben einer rigorosen Aufgabenkritik zu unterziehen. Es könnte durchaus sein, dass der europäische Etat überdotiert ist.

Fragen? Schreiben Sie dem Autor unter kolumne@rheinische-post.de

(RP)
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