Düsseldorf/Berlin Wie um Air Berlin gepokert wird

Düsseldorf/Berlin · Die Lufthansa will bis zu 90 der 144 Jets des Wettbewerbers übernehmen - auf vielen Strecken ab Düsseldorf könnte ein Monopol drohen. Doch Air-Berlin-Chef Thomas Winkelmann wird wohl viele Strecken an andere Firmen abgeben.

Nur zwei Tage nachdem Air Berlin Insolvenz angemeldet hat, verschärfte sich gestern der Streit darum, wie das Unternehmen zerlegt wird. Er würde mit mindestens drei Unternehmen als möglichen Käufern von Firmenteilen sprechen, sagte Vorstandschef Thomas Winkelmann in einem Interview. Wir erklären die Interessen beim Poker um Air Berlin. Lufthansa Für Vorstandschef Carsten Spohr ist der Untergang von Air Berlin die ideale Gelegenheit, die Position im Heimatmarkt wieder deutlich zu stärken.

Klares Ziel des Weltkonzerns ist, gerade an den zwei Hauptflughäfen von Air Berlin, Düsseldorf und Berlin, einen höheren Marktanteil zu erhalten. Deshalb peilt er an, bis zu 90 der 144 Jets von Air Berlin zu übernehmen. Gegenüber unserer Redaktion erklärte er im Frühjahr, er könne sich auch gut vorstellen, die Langstreckenjets von Air Berlin in Düsseldorf zu übernehmen - ließ aber offen, ob diese am Rhein bleiben würden. Air Berlin Vorstandschef Winkelmann ist laut Aktienrecht vorrangig dem Wohle des Unternehmens verpflichtet.

Dies bedeutet, dass er im Insolvenzverfahren in Eigenregie möglichst viele Arbeitsplätze sichern muss. Gleichzeitig ist er aber verpflichtet, die Interessen der Schuldner zu wahren - also einen hohen Ertrag beim Verkauf von Firmenteilen zu sichern. Dies bedeutet auch, dass er wenigstens den künftigen vom Bund garantierten Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro zurückzahlen sollte. Leicht wird dies nicht: Air Berlin taxiert den Wert der Flugrechte als entscheidendes Kapital des Unternehmens auf nur noch 80 Millionen Euro im Geschäftsbericht.

Andererseits könnten die Zugangsrechte zu Flughäfen Lufthansa und anderen Airlines auch viel mehr wert sein, nur um den unbeliebten Wettbewerber Ryanair fernzuhalten. Mitarbeiter Lufthansa-Chef Spohr hat gestern intern angekündigt, viele der 8500 Beschäftigten von Air Berlin übernehmen zu wollen - meint aber nur das fliegende Personal. Wörtlich sagte er nach Informationen unserer Redaktion: "Die Air-Berlin-Crews sind Top-Leute, bei denen wir uns freuen können, wenn wir möglichst viele zu uns holen.

Deswegen werden wir jetzt auch mit den Gewerkschaften beraten, wie wir eine Lösung hinbekommen." Er bestritt, dass von Air Berlin zu Lufthansa wechselnde Kollegen als Anfänger eingestuft würden: "Wir können die Mitarbeiter natürlich nicht zu Air-Berlin-Konditionen, sondern zu Eurowings-Konditionen einstellen, wollen dabei aber fairerweise die Erfahrung und die Seniorität berücksichtigen. Ich fände es nicht fair, wenn wir alle auf der untersten Gehaltsstufe einstellen würden.

Und Fairness ist ein Begriff, auf den wir hier bei Lufthansa stolz sind." Kartellbehörden Die Europäische Union wird genau prüfen, wo der Kauf von Teilen von Air Berlin durch Lufthansa dazu führen würde, dass eine zu starke Marktposition auf bestimmten Strecke entsteht. Welche Verhältnisse in Düsseldorf drohen, zeigt eine Analyse des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) für unsere Redaktion: Nach München, Berlin, Hamburg, Genf, Venedig oder Salzburg würden Lufthansa und ihr Ableger Eurowings praktisch alle Flüge kontrollieren, wenn die Strecken von Air Berlin übernommen würden.

"Man muss sich das als Wettbewerbsbehörde gegebenenfalls sehr genau anschauen", sagt Andreas Mundt, Chef des Bundeskartellamtes. Wettbewerber Natürlich weiß Air-Berlin-Chef Winkelmann, welche Strecken Lufthansa nach einer Übernahme wieder auf Geheiß der Kartellbehörden abgeben müsste, um zu stark steigende Preise zu verhindern. Darum bietet er diesen Teil des Betriebes dem britischen Billigflieger Easyjet an, ohne andere Optionen auszuschließen.

Zu diesem Spiel mit mehreren Möglichkeiten ist er auch gezwungen, weil ihm der Sachwalter im Insolvenzverfahren, Lucas Flöther, auf die Finger schaut. Der 58-jährige Winkelmann kann also seinen langjährigen Ex-Arbeitgeber Lufthansa nicht zu extrem bevorzugen. Sein Gehalt sicherte Air Berlin übrigens per Bankbürgschaft vor der Insolvenz. Politik Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) macht sich sehr stark dafür, dass Lufthansa möglichst große Teile von Air Berlin erhält.

Sein Ministerium steht Lufthansa als früherem Staatskonzern traditionell nahe. Das SPD geführte Wirtschaftsministerium will vorrangig Jobverluste begrenzen.

(RP)
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