Weniger als der Mindestlohn So schlecht verdienen Taxifahrer

Belrin · Für die Kunden ist Taxifahren bequem. Für die Fahrer ist es oft ein anstrengender Job. Und die meisten werden noch nicht einmal ordentlich bezahlt. Der DGB kritisiert: Immer wieder werde in Deutschland gegen den Mindestlohn verstoßen.

 Mehrere Taxis stehen an einem Taxistand (Symbolbild).

Mehrere Taxis stehen an einem Taxistand (Symbolbild).

Foto: dpa

Taxikunden in Deutschland sind oft mit schlecht verdienenden Fahrern unterwegs. Neun von zehn Taxifahrern arbeiten für niedrige Löhne. Von den mehr als 39.000 Vollzeitbeschäftigten der Branche verdienten zuletzt 87,7 Prozent weniger als die Niedriglohnschwelle von 2056 Euro brutto im Monat. Das zeigen Daten der Bundesagentur für Arbeit (BA) von 2015, die die Linke im Bundestag angefordert hat und die der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vorliegen. Neuere Daten dazu gibt es bei der BA nicht.

Die Hälfte der Fahrer verdiente 1503 Euro brutto oder weniger. Anfang 2015 wurde der Mindestlohn von 8,50 Euro in Deutschland eingeführt. Damals wurde die Fahrt im Taxi im Schnitt laut Bundesbank um 5,2 Prozent teurer. Seit 2017 liegt der Mindestlohn bei 8,84 Euro.

Unter den Taxifahrern in Vollzeit bezogen laut BA 10,5 Prozent zusätzlich zu ihrem Einkommen Hartz IV als aufstockende Leistung. Über alle Branchen hinweg waren es nur 0,8 Prozent Aufstocker. Die Zahl der im Taxigewerbe Beschäftigten sank dem Statistischen Bundesamt zufolge zuletzt merklich. Das hr-Magazin "defacto" hatte im Herbst berichtet, dass Unterbietung der Mindestlohnschwelle in dem Gewerbe üblich sei - etwa mit Hilfe falscher Stundenzettel.

Die Branche betont, der Mindestlohn sei "in großen Teilen" umgesetzt, wie der Präsident des Deutschen Taxi- und Mietwagenverbands, Michael Müller sagte. Selbst eine Bezahlung nach Mindestlohn sei nicht "der Kracher", räumte Müller ein. Die Lohnuntergrenze sichere den üblicherweise gezahlten Provisionslohn aber nach unten ab. Dabei bekommen Arbeitnehmer ein Grundeinkommen plus Provisionen. Fahrer, die ertragreiche Touren hätten und sich darum auch bemühten, kämen regelmäßig auf Stundenlöhne von 10 bis 12 Euro, so Müller. Übers Trinkgeld kämen dann oft noch 10 bis 15 Euro pro Schicht hinzu.

Linksfraktionsvize Sabine Zimmermann nannte die Verdienstsituation "am Rande des Erträglichen". "Die Beschäftigten fahren lange Schichten, oft nachts, und sind zunehmend Gefahren ausgesetzt", sagte sie. "Hier muss etwas getan werden, damit der Berufsstand für gute Arbeit wieder gutes Geld bekommt." So müsse die Auslastung der Fahrzeuge gesteigert werden. "Dies wird nur gelingen, wenn die Konzessionsvergabe restriktiver als zurzeit gehandhabt wird", sagte Zimmermann. Das Taxigewerbe müsse vor Billigkonkurrenz und Scheinmietwagen-Unternehmen geschützt werden.

Die Apps der Daimler-Tochter MyTaxi sowie von Uber gelten als Konkurrenz für die Taxibranche, allerdings vermitteln sie Fahrten und beschäftigen keine Fahrer. Uber-Dienste mit Privatleuten als Fahrer wurden wegen juristischer Niederlagen eingestellt, per App vermittelte Mietwagen mit Chauffeur sind unter dem Namen UberX wieder unterwegs. Verbandspräsident Müller spricht zwar auch mit Blick auf die immer zahlreicheren Carsharing-Angebote von "Mobilität im Umschwung". Doch seien diese vor allem ein Angriff auf Zweit- und Erstwagen in den Städten. "Da profitieren alle von."

Nach Einschätzung des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) kommt es auch zweieinhalb Jahre nach Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland immer wieder zu Verstößen. In schwer zu kontrollierenden Branchen wie dem Taxigewerbe, dem Bau oder der Gastronomie gebe es immer wieder Verstöße gegen das Mindestlohngesetz, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell in Berlin.

Körzell forderte, "dass die Politik die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) endlich so ausstattet, dass sie ihre Kontrollfunktion auch erfüllen kann". Die FKS kontrolliert unter anderem den Mindestlohn. 2016 hat die FKS aber deutlich weniger Firmen auf Verstöße kontrolliert. Insgesamt wurden 40.374 Arbeitgeber überprüft und damit rund 3000 weniger als 2015, wie aus einer Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Grünen hervorgeht.

Die Entwicklung ist von Branche zu Branche unterschiedlich. Am Bau gab es einen Rückgang der Kontrollen von fast 20 Prozent auf 13.473. In Gaststätten sank die Zahl der Kontrollen um gut 17 Prozent auf etwa 6000. Mehr Kontrollen gab es auf vergleichsweise niedrigem Niveau bei Taxifahrern mit 1356 Prüfungen (2015: 1259).

"Es gibt leider immer wieder Verstöße gegen das Mindestlohngesetz", sagte Körzell. "Notwendig sind regelmäßige Kontrollen, nicht nur in großen Betrieben, und zusätzliche Streifenfahrten mit Spontanprüfungen." Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) müsse deutlich mehr Geld für neues Personal zur Verfügung stellen.

(oko/dpa)
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