Frankfurt Was sich beim Wertpapierkauf ändert

Frankfurt · Durch die neue Richtlinie Mifid II sind Banken verpflichtet, telefonische Beratungsgespräche aufzuzeichnen und fünf Jahre zu archivieren. Kosten sollen transparenter werden. Die Banken klagen über Milliardenbelastungen.

Transparenz und bessere Beratung bei Finanzprodukten - das ist das Ziel der neuen europäischen Richtlinie Mifid II. Sie soll Verbraucher vor Falschberatung schützen. Eine der wichtigsten Neuerungen: Banken müssen telefonische Beratungsgespräche aufzeichnen und diese Tondokumente dann fünf Jahre archivieren. Das soll Kunden helfen, die sich falsch beraten fühlen und deswegen vor Gericht ziehen wollen.

"Die Transparenz ist insbesondere bei den Kosten ein wichtiges Thema, da begrüße ich die neuen Regelungen extrem", sagt der Vizepräsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, Klaus Nieding, "denn die Kosten wurden bislang oft verschwiegen und konnten auch vertuscht und versteckt werden. Das scheint mir jetzt mit Mifid II besser zu werden." Aber man müsse erst sehen, wie sich das Regelwerk in der Praxis bewähre. Banken und Finanzdienstleister beklagen, dass sie für diese neuen Regelungen viel Geld investieren müssen. So spricht die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin im Zusammenhang mit Mifid II auch von einer "großen Herausforderung für die Marktteilnehmer". Der Deutsche Bankenverband rechnet mit Kosten von rund einer Milliarde Euro durch die neuen Dokumentationspflichten. Das sieht Aktionärschützer Nieding anders: "Da werden Krokodils-tränen verdrückt. Die Kosten bleiben ja nicht bei der Bank, sie werden an die Kunden weitergegeben."

Pflichten zur Dokumentation gab es übrigens bisher auch schon. Seit 2010 müssen Geldinstitute Beratungsgespräche zu Wertpapieren dokumentieren. Diese Protokolle allerdings waren oft vage gehalten, sie konnten mehr oder weniger genau ausfallen. Es mangelte mitunter also an Transparenz und verpflichtenden Vorgaben. Stattdessen sollen nun sogenannte "Geeignetheitserklärungen" verfasst werden. Sie sollen festhalten, warum bestimmte Produkte für bestimmte Menschen oder Anleger geeignet sind - abhängig von deren Risikoprofil. Auch die Kosten für Finanzprodukte sollen dem Kunden transparenter gemacht werden.

Die Produktkosten sind andererseits nur die eine Seite der Medaille. Sie sind die Gebühr, die man für eine Geldanlage an die Bank bezahlt. Die Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin streicht zudem heraus, dass Mifid II auch die Produkte selbst verbessern könne. Denn Banken und Finanzdienstleister müssen nach der neuen Vorgabe schon beim Entwurf einer möglichen Geldanlage bestimmen, welcher Zielmarkt für ihr Produkt geeignet ist. Der Kundenkreis muss bei der Herstellung von Finanzprodukten also umschrieben werden. Das ist nachvollziehbar, denn es kann in der Tat ein Unterschied sein, ob eine Geldanlage für professionelle Investoren an internationalen Finanzmärkten konzipiert ist oder für Kleinsparer, die ihre Rente aufpeppen wollen. Sven Giegold, Europaparlamentarier der Grünen, hat an Mifid II mitgearbeitet. Sein Fazit: "Natürlich gibt es viele Produkte, bei denen man sich fragen kann, ob die überhaupt für jemanden geeignet sind. Mifid II könnte dazu führen, dass überteuerte, ineffiziente Produkte vom Markt verschwinden. Das wäre eine gute Entwicklung."

Doch auch die neuen Regelungen lassen Schlupflöcher offen. Anleger und Bankkunden müssen sich klar sein, dass Bankberater auch die Interessen ihrer Arbeitgeber vertreten. Viele Sparer haben das nach der Pleite von Lehman Brothers schmerzlich erleben müssen, als sich Lehman-Zertifikate quasi über Nacht in Luft aufgelöst hatten. Gleichzeitig gibt Mifid II den Aufsichtsbehörden aber auch ein Instrument an die Hand, Vertrieb und Verkauf zu riskanter Finanzprodukte einzuschränken oder zu verbieten - späte Lehre aus dem Kollaps des US-Hypothekenmarktes.

(RP)
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