Düsseldorf Was Lufthansa mit Air Berlin vorhat

Düsseldorf · Besser eine schwache Air Berlin als starke Angelsachsen: Mit dieser Strategie will Lufthansa Strecken des Wettbewerbers kaufen. In Köln könnte es für Kunden teurer werden.

Flugreisende in Düsseldorf können halbwegs beruhigt sein, Passagiere in Köln, Stuttgart, München oder Hamburg müssen höhere Preisen befürchten. So lassen sich die Folgen des neuen Rettungsplanes für Deutschlands zweitgrößte Fluggesellschaft Air Berlin zusammenfassen.

Etihad, der Hauptinhaber von Air Berlin, will Flugrechte, rund 40 stationierte Flugzeuge sowie Piloten und Stewardessen von Air Berlin abseits der Hauptstandorte Düsseldorf und Berlin an den in Deutschland wichtigsten Wettbewerber Eurowings abgeben. Das berichtet das "Handelsblatt". Informierte Kreise bestätigen die Überlegung.

Als ein Ergebnis könnte Air Berlin einige dutzend Millionen Euro einstreichen und damit wiederum das verbleibende Geschäft mit rund 100 Flugzeugen aufrechthalten. Als zweites Resultat würde Air Berlin sich weiter von verlustbringenden Strecken zurückziehen - denn die liegen eher abseits von Berlin und Düsseldorf. Und als drittes Ergebnis könnte der Wettbewerb an wichtigen Standorten wie Köln, Stuttgart oder auch Hamburg zeitweise deutlich zurückgehen. "Das Kartellamt würde sich eine solche Bereinigung des Marktes sicher sehr genau anschauen", sagt dazu der Züricher Branchenexperte Thomas Jäger, von der Beratungsfirma Ch-Aviation, "und die werden dann bei manchen Standorten oder Strecken sicher durchsetzen, dass Wettbewerber einige der Flugrechte erhalten."

Worum es geht, hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr mehrfach öffentlich gesagt: "Wir wollen unter dem Dach von Eurowings eine Konsolidierung in Europa organisieren." Er fügte auch mehrfach hinzu, dass es zu viele unprofitable Airlines gebe, die seiner Meinung nach keine dauerhafte Existenzberechtigung haben - gemeint ist auch die mit 900 Millionen Euro verschuldete Air Berlin, der kein Flugzeug der eigenen Flotte mehr gehört und die in den letzten fünf Jahren anderthalb Milliarden Euro an Kapital vernichtet hat.

Doch damit das Unternehmen nicht inklusive aller Flugrechte einfach verschwindet, setzt Lufthansa auf die Salamitaktik: Erst rund ein Drittel von Air Berlin schlucken, dann kann man später weitersehen.

Schlechter wäre dagegen, wenn Air Berlin komplett vom Markt verschwinden würde. Denn dann würden angelsächsische Wettbewerber wie Ryanair und Easyjet die Flugrechte erwerben und Flüge zu attraktiven Zeiten anbieten. "Eine Grundregel in der Luftfahrt lautet, dass gute Slots nicht an den Hauptwettbewerber gehen sollten", sagt Jäger, "denn Flugrechte sichern Marktanteile."

Wie wichtig Air Berlin auch abseits von Düsseldorf und Berlin ist, zeigt sich in Köln: Da hat die Firma laut Ch-Aviation 14 Prozent Marktanteil, Lufthansa kommt inklusive Eurowings auf 49 Prozent. Aber auch Ryanair mischt mit.

Als Ergebnis des starken Wettbewerbes kann man nächsten Sonntag um 18 Uhr mitten in den Sommerferien für 90 Euro nach Palma de Mallorca fliegen. Auch in Düsseldorf mit dem starken Wettbewerb zwischen Eurowings und Air Berlin (Marktanteil: 25 Prozent) lassen sich solche Preise beobachten. Würden Lufthansa und Eurowings dagegen in Köln 63 Prozent des Marktes kontrollieren und Air Berlin gäbe auf, wäre klar, wohin die Ticketpreise gehen - nach oben.

Noch drastischer wären die Folgen einer Bereinigung des Marktes auf verschiedenen Rennstrecken: Zwischen Hamburg und München bieten Eurowings und Lufthansa 67 Prozent der Flugtickets an, die anderen Sitze werden von Air Berlin angeboten - es wäre also klar, dass das Kartellamt den Verkauf einiger Slots erzwingen würde. 59 Prozent der Flüge von Köln nach München offeriert die Lufthansa-Gruppe, Air Berlin kommt auf die restlichen 41 Prozent - auch hier wäre klar, was passiert.

Wie geht es nun weiter? Stefan Pichler, der neue Chef von Air Berlin, steht mit dem Rücken zur Wand. Das letzte eigene Flugzeug wurde kürzlich verkauft. Ein neuer Bankkredit von einigen hundert Millionen Euro hat das vorläufige Überleben gesichert - aber Hauptaktionär Etihad musste ihn mit Garantien absichern. Auf Absicherungsgeschäfte gegen steigende Ölpreise will Pichler mangels Finanzkraft erst einmal verzichten. Und seine Flotte geleaster Airbus-Jets lockt Eurowings: Die Kölner Gesellschaft hat praktisch identische Maschinen. Das macht die Wartung günstig.

(RP)
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