Düsseldorf VW-Manager fordern Boni trotz Skandal

Düsseldorf · Obwohl der Autobauer wegen des Abgasskandals die schwerste Krise seiner Geschichte durchlebt und bereits über einen Stellenabbau spekuliert wird, wollen einige Top-Manager angeblich nicht auf ihre Erfolgsprämien verzichten.

Als Matthias Müller seinen neuen Job als VW-Chef antrat, kündigte er mehr Bescheidenheit an - auch im Top-Management. "Es ist doch klar, dass wir den Gürtel enger schnallen müssen, und zwar auf allen Ebenen vom Vorstand bis zum Tarif-Mitarbeiter", sagte Müller damals der "Wirtschaftswoche" und ergänzte: "Auch hier muss die Unternehmensspitze Vorbild sein."

Seine Kollegen finden diese Idee offenbar nicht so toll. Einen Boni-Verzicht wollen einige Top-Manager angeblich nicht hinnehmen. Drin sei maximal eine Kürzung, berichtet der "Spiegel". Besonders brisant ist demnach außerdem eine Sonderzahlung an Hans Dieter Pötsch, der im Oktober 2015 an die Spitze des Aufsichtsrates gewählt wurde. Weil sein höher dotierter Vorstandsvertrag jedoch eigentlich noch bis 2017 gelaufen wäre, ließ sich Pötsch das entgangene Gehalt demnach auszahlen. Es soll sich um knapp zehn Millionen Euro handeln.

Der Betriebsrat ist empört - immerhin drohen angesichts des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei Diesel-Fahrzeugen Milliarden-Strafen. "Dem Management fehlt offenbar jedes Gespür für den Ernst der Lage", hieß es. Und Arbeitnehmerchef Bernd Osterloh verwies darauf, dass die ersten Leiharbeiter bereits ihre Jobs verloren hätten.

Deshalb verschärft er nun die Gangart. Der Betriebsrat fordert einen Zukunftspakt, der für die kommenden Jahre fixe Zusagen für Produkte, Stückzahlen und Investitionen festschreibt. "Wir wollen ein Ende der Spekulationen über die Zukunft von Menschen und Standorten", heißt es in einem Schreiben an die Belegschaft. Immer wieder gab es zuletzt Spekulationen über einen möglichen Job-Abbau, allein am Standort Wolfsburg sind angeblich nach Ansicht von VW-Markenchef Herbert Diess 3000 Stellen in der Verwaltung überflüssig. Dem Management geht es darum, VW stärker auf Effizienz zu trimmen und die Rendite bei der bislang vergleichsweise margenschwachen Kernmarke Volkswagen zu steigern. Auch über die Zukunft des Standortes in Salzgitter, wo das Motorenwerk angesiedelt ist, wurde bereits hinter vorgehaltener Hand gemunkelt. Das dürfte auch dem Land Niedersachsen, dem größten Anteilseigner bei VW, nicht schmecken, geht es doch immerhin um zahlreiche Jobs - und damit letztlich auch wichtige Wählerstimmen - im Bundesland.

Der Betriebsrat fürchtet, dass der Abgasskandal als Grund für einen möglichen Stellenabbau vorgeschoben wird. Seit Wochen kritisiert Osterloh daher immer wieder Diess persönlich, Mitarbeiter in Emden hissten bereits ein Plakat mit dem Spruch "Wir haben diess nicht verdient". Zum offenen Bruch kam es bislang nicht, doch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit scheint zwischen dem Betriebsratschef und dem Markenvorstand nicht möglich. Passenderweise war es daher auch gestern nicht Diess, sondern Personalchef Karlheinz Blessing, der sich zum Schreiben des Betriebsrates äußerte. Dieses sei eine gute Vorlage für die weitere Arbeit, so Blessing: "Wir begrüßen das Verhandlungsangebot für einen langfristigen Zukunftspakt. Die Sicherung der Standorte liegt auch im Interesse des Vorstands."

Um die Emotionen nicht weiter hochkochen zu lassen, bemühte sich der Konzern auch beim Thema Boni um Schadensbegrenzung. Ein Sprecher bekräftigte gestern: "Der Vorstand steht dazu, Vorbild zu sein, wenn es um die Anpassung der Boni geht." Der Bericht des "Spiegel" sei pure Spekulation. Hinter den Kulissen wird weiter verhandelt. Denn die Aufseher wissen um die Sprengkraft: Es sei nicht vermittelbar, wenn auf der einen Seite über Jobs diskutiert werde und auf der anderen Seite Boni in Millionenhöhe eingefordert würden, heißt es in Aufsichtsratskreisen.

(frin)
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