Kolumne Karsten Tripp Vorsicht bei Klima-Investments

Der Kampf gegen den Klimawandel ist nötig. Und er kennt Gewinner und Verlierer an den Börsen.

Glaubt man dem US-Präsidenten, dann ist Klimaschutz schlecht für die Wirtschaft. Woraus er den Schluss zieht, dass eine Abschaffung von Schutzvorschriften das Wachstum antreibt. Nun mag man über die erste Behauptung noch streiten. Die Schlussfolgerung ist aber ohne Zweifel falsch. Für Anleger lohnt es sich, das genau zu verstehen. Es wird uns vermutlich lange Zeit beschäftigen. Aber der Reihe nach.

Dass Klimawandel stattfindet, ist eine Tatsache und keine Meinung. Wir können ihn für einige hundert Millionen Jahre nachweisen. Den Klimawandel abzustreiten, ist deshalb kindisch oder manipulativ. Alle seriösen Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich seit einigen Jahrzehnten auch ein menschlicher Einfluss erkennen lässt. Die von uns produzierten Treibhausgase verstärken zumindest die Erderwärmung. Daran schließen sich ernsthafte Fragen an: Wie groß ist der Anteil menschlicher Einflüsse? Wie sehr können wir also durch gezielte Maßnahmen den Klimawandel aufhalten? Und - ganz delikat: Wie viel Aufwand nehmen wir dafür sinnvollerweise in Kauf?

Nun ist es kein Ziel an sich zu verhindern, dass es auf der Erde wärmer wird. Sollte es aber so kommen, werden die Auswirkungen ausgerechnet in den ärmsten Ländern am schlimmsten ausfallen. Das sollten wir tatsächlich verhindern - aus moralischen, politischen und wirtschaftlichen Gründen. Das Pariser Abkommen, von dem die US-Regierung sich verabschieden will, mag manchem als Resultat von Gefühlsduselei erschienen sein. Faktisch war es eine von blanker Vernunft getriebene Abmachung.

Und genau dies ist der Punkt, an dem Anleger hellhörig werden müssen: Schließlich bestimmen Fakten den Kurstrend, Emotionen verursachen nur die Schwankungen drum herum. Auf längere Sicht ist es aber der Trend, der über Gewinn und Verlust entscheidet. Auf dem Gebiet des Klimawandels setzt das Pariser Abkommen genau diesen Trend. Staatliche Maßnahmen entwerten fossile Brennstoffe und fördern erneuerbare Energien. Denken Sie an Kraftwerke, an Ölbohrinseln und an Kohlegruben. Alles Anlagen von immenser Größe und Lebensdauer. Wer dort heute investiert, schaut auf die nächsten 40 Jahre. Und stellt fest: Das lohnt sich nicht mehr.

Trump regiert maximal acht Jahre. Das reicht nicht für eine Wiedergeburt von Kohle und Öl. Schon die Überlegung verunsichert Investoren. Wer unsicher ist, investiert aber nicht. Weshalb die Abschaffung des Klimaschutzes das Wachstum nicht antreibt, sondern behindert.

Deshalb gab es auch keine Freudensprünge bei Kohle- und Öl-Aktien, als die Ausstiegspläne der USA bekannt wurden. Allerdings heißt das im Umkehrschluss auch nicht, dass Photovoltaik- und Windkraftaktien die Investments der Wahl sind. Wer in deutsche Solarwerte investiert hat, kann ein Lied davon singen. Nicht nur trifft auch sie der Abschlag für politische Unsicherheit. Sondern sie sind auch weiterhin massiv von staatlicher Förderung abhängig. Diese Förderung ist in vielerlei Hinsicht unberechenbar. Ein klarer Trend ist da nicht zu erkennen. Mir sind Klima-Investments zu sehr von staatlichem Wohlwollen abhängig. Und das selbst dann, wenn Herr Trump eines schönen Tages den Klimawandel nicht mehr für eine Erfindung der Chinesen hält.

Ich setze lieber auf einen anderen Trend. Die Erderwärmung setzt sich fort, soviel steht fest. Die Meeresspiegel steigen deshalb an, auch das wird weitergehen. Der Vorgang bedroht viele wohlhabende Küstenregionen, die einen erheblichen Aufwand treiben, um sich vor diesen Folgen der Erderwärmung zu schützen. Ganze Branchen profitieren davon, auch ohne Hilfen des Fiskus. Denken Sie an Dämme, Deiche und verstärkte Fundamente. Dafür braucht man Baumaschinen und Material.

DER AUTOR IST CHEFANLAGESTRATEGE PRIVATE BANKING HSBC DEUTSCHLAND.

(RP)
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