München Versicherungsvergleich muss fair sein

München · Die Verbraucherzentrale NRW begrüßt das neue Urteil zu Check24. Nun müssten alle Anbieter von Vergleichsportalen deutlicher offenlegen, woher sie ihr Geld bekommen. Und sie müssen die Qualität ihrer Arbeit überprüfen.

Klarer als in vielen zuvor gefällten Urteilen hat nun das Landgericht München Vergleichsportale in die Pflicht genommen: Das Onlineportal Check24 müsse dem Kunden sehr deutlich machen, dass es rein juristisch ein Versicherungsmakler ist - und keine ehrenamtliche Organisation zur Verbraucherinformation. Und weil die Internetseite ein Versicherungsmakler sei, müsse es auch ebenso sorgfältig wie diese Angebote vergleichen, so der Tenor des gestrigen Urteils (Az.: 37 O 15268/15).

Geklagt hatte der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute, der 11.000 Versicherungsmakler vertritt und Check24 unlauteren Wettbewerb vorwarf. Verbandspräsident Michael Heinz erklärte das Urteil zum "Sieg für den Verbraucherschutz".

Experten sehen nun alle Portale in der Pflicht. "Endlich mehr Transparenz", sagt der Düsseldorfer Anwalt Julius Reiter. Wolfgang Schuldzinski, Chef der Verbraucherzentrale NRW, ergänzte: "Diese Portale müssen nun klarer offenlegen, wie sie wirklich Geld verdienen."

So würden die Kunden erfahren, dass sie es bei vielen Angeboten nicht mit echten Verbraucherportalen zu tun hätten, sondern mit kommerziellen Vermittlungsorganisationen. Auch die Pflicht zu einer besseren Beratung begrüßt Schuldzinski: "Es geht für die Verbraucher ja oft um langlaufende Verträge, die sie abschließen. Da hilft ein oberflächlicher Vergleich nur wenig."

Dabei muss das gestrige Urteil differenziert gelesen werden. Es verbietet Check24 keineswegs die weitere Tätigkeit allgemein oder beim Vergleichen und Vermitteln von Versicherungen. Es zwingt das Portal auch nicht zu einer ausufernden Beratungspflicht: Online-Kunden seien mündige Menschen, argumentiert die Vorsitzende Richterin Barbara Clementi. Darum müsse beispielsweise beim Vergleich von Hausratsversicherungen nur gefragt werden, ob ein Fahrrad zum Besitz gehört. Wenig hielten die Richter dagegen von der angeblichen Gefahr, dass Kunden ohne ausreichende Deutschkenntnisse aus Versehen eine Hausversicherung statt einer Hausratsversicherung abschließen könnten.

Wegen des differenzierten Tenors äußerte sich sogar Check24 halbwegs positiv zu dem Urteil: "Wir können mit dem Urteil leben", sagt Geschäftsführer Christoph Röttele.

Kern des Verfahrens war der Vorwurf der Versicherungsmakler, dass Check24 unter falscher Flagge segle: Das Unternehmen tritt auf seiner Website wie ein neutraler Dienstleister auf, der die billigsten Preise heraussucht. Die Information, dass Check24 als Online-Makler tätig ist und ebenso wie ein normaler Vertreter Provisionen kassiert, können bislang nur Nutzer finden, die aktiv auf der Website suchen.

"Das ist ein Stück Irreführung, das muss man in aller Deutlichkeit sagen", klagte Verbandspräsident Heinz. "Es muss jedem Verbraucher klar sein: Hier ist kein Gutmenschentum, sondern es ist ein Versicherungsmakler." Die Marktmacht der Portale ist nach Angaben des Bundesverbands der Versicherungskaufleute so groß, dass sie etwa bei der Vermittlung von Kfz-Versicherungen pro Police das Doppelte bis Dreifache an Provision verlangen können im Vergleich zu dem, was ein leibhaftiger Versicherungsvertreter mit seinem kleinen Büro verlangen könne.

Das Urteil ist noch nichts rechtskräftig. Beide Seiten wollen prüfen, ob sie in Berufung gehen. Verbraucherschützer sehen das Verfahren als Weckruf an Kunden, sich bei der Suche nach günstigen Angeboten nicht zu sehr auf Vergleichsportale zu verlassen. So würden die Portale Sonderangebote von Fluglinien oder von Mobilfunkern oft übersehen - und setzen auf Vermittlerprovisionen.

(RP)
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