Verbraucherschützer Klaus Müller "Dieselprivileg muss mit Augenmaß abgeschafft werden"

Berlin · Der Chef der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, spricht im Interview mit unserer Redaktion über Fahrverbote und die Abschaffung des Dieselprivilegs.

 Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (Archiv).

Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands (Archiv).

Foto: Monika Skolimowska/dpa

Im Februar wird das Urteil zu Fahrverboten erwartet. Was müssen Politik und Hersteller jetzt tun?

Müller Kurzfristig brauchen Verbraucher die Sicherheit, dass sie künftig ihre Autos noch nutzen dürfen. Insbesondere die Hersteller stehen in der Verantwortung, betroffene Diesel so nachzurüsten, dass sie auch weiterhin in Umweltzonen fahren dürfen. Sie müssen dafür die Kosten übernehmen und für etwaige Schäden in Folge der Umrüstung geradestehen. Die Politik muss zügig einen Rahmen schaffen, an dem sich die Kommunen orientieren können. Ein Flickenteppich unterschiedlicher Zufahrtsregelungen schafft Unsicherheit und muss verhindert werden. Mittel- und langfristig müssen der öffentliche Nahverkehr und das Radfahren attraktiver gestaltet und Verkehrsmittel intelligent vernetzt werden.

Wäre es richtig, das Diesel-Privileg bei der Steuer abzuschaffen?

Müller Die Subventionierung einer Technologie, die für einen der größten Industrieskandale der Geschichte verantwortlich ist und die sich als weniger umweltfreundlich erweist als versprochen, ist nicht zukunftsfähig. Die Abschaffung des Dieselprivilegs muss aber mit Augenmaß passieren. Verbraucher brauchen Verlässlichkeit beim Autokauf und müssen wissen, mit welchen Kosten zu rechnen ist.

Die Musterfeststellungsklage böte mehr Klagechancen. Kommt sie?

Müller Eine Stärkung der Rechtsdurchsetzung ist überfällig. Denn mit einer Musterfeststellungsklage hätten Millionen VW-Kunden bei immer gleichem Schaden mit nur einer Klage ein richterliches Urteil für alle erreichen können. Das ist effizienter als unzählige Einzelklagen - und auch für Unternehmen eine Warnung: Betrügen lohnt sich nicht, fairer Wettbewerb hingegen schon. Die nächste Bundesregierung muss zügig handeln, damit Verbraucher künftig mehr rechtlichen Handlungsspielraum haben - nicht nur bei Fehlverhalten der Autoindustrie.

(jd)
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