Brüssel Urteil bei Pkw-Maut könnte erst in fünf Jahren kommen

Brüssel · Das Schicksal der von der CSU vorangetriebenen Pkw-Maut entscheidet sich vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die EU-Kommission teilte gestern mit, dass Deutschland ihre grundsätzlichen Bedenken gegen die Maut nicht ausgeräumt habe. Sie werde Deutschland nun vor dem EuGH verklagen. "Nach Auffassung der Kommission ist die Pkw-Maut diskriminierend", erklärte die EU.

Die Maut sollte schon Anfang 2016 in Kraft treten. Sie liegt wegen des Streits mit der EU-Kommission aber auf Eis. Die deutsche Maut würde zwar für In- und Ausländer fällig. Inländer sollen aber über die Kfz-Steuer genau in Höhe der Maut entlastet werden. Dies führte faktisch zu einer Befreiung von der Maut, kritisierte die Kommission. Sie sieht darin eine Diskriminierung ausländischer Autofahrer. Zudem seien die Preise für Kurzzeitvignetten (für Zeiträume unter einem Jahr) in einigen Fällen unverhältnismäßig hoch, so die EU. Diese Vignetten soll es für in anderen Ländern zugelassene Fahrzeuge geben.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gab sich zuversichtlich: "Endlich macht die Kommission den nächsten Schritt. Brüssel hat das Verfahren schon viel zu lange verzögert. Die Infrastrukturabgabe ist europarechtskonform, das wird der Europäische Gerichtshof bestätigen." Der Koalitionspartner SPD blieb auf Distanz. "Die Maut war nie eine Herzensangelegenheit der SPD", sagte die Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht. Man habe dieses CSU-Projekt trotz zahlreicher Bedenken mitgetragen, weil die SPD im Gegenzug zentrale Forderungen wie den Mindestlohn, die Mietpreisbremse und die Frauenquote durchsetzen konnte.

Allerdings rechnet niemand damit, dass der Europäische Gerichtshof noch vor der Bundestagswahl 2017 ein Urteil fällt. Beobachter gehen davon aus, dass das Gerichtsverfahren bis zu fünf Jahre dauern könnte. Das Urteil wird Dobrindt kaum mehr als Verkehrsminister erleben. Gravierende Konsequenzen drohen Deutschland selbst bei einer Verurteilung nicht. Denn die Bundesregierung hat die umstrittene Pkw-Maut auf Eis gelegt, als die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren angekündigt hat. Damit wurde das Gesetz, mit dem womöglich gegen EU-Recht verstoßen wird, niemals angewendet. Daher dürfen auch keine Strafzahlungen gegen Deutschland verhängt werden.

Nach EU-Recht dürfen die Mitgliedstaaten zwar Straßenbenutzungsgebühren für Lkw und Pkw einführen. Dann muss aber gleiches Recht für alle gelten. "Eine Straßennutzungsgebühr ist nur EU-konform, wenn sie nicht aufgrund der Staatsangehörigkeit diskriminiert", hatte EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc bereits zum Start der Untersuchung 2015 gesagt.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sprach von einer "Klatsche mit Ansage", die "hochnotpeinlich" sei für die Bundesregierung. "Für die Bundesregierung ist es überfällig, diese Maut endlich zurückzuziehen, um noch größeren Schaden zu vermeiden." Der Verkehrsclub Deutschland erklärte, die Pkw-Maut sei "ökologisch sinnlos, unsozial und ausländerfeindlich".

(jd)
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