Designierter Nordamerika-Chef Streit über US-Strategie: Vahland verlässt VW

Hamburg · Neuer Rückschlag für Volkswagen: Der designierte Nordamerika-Chef Winfried Vahland verlässt kurz vor seinem geplanten Amtsantritt überraschend den Konzern. Vahland sollte das US-Geschäft wieder in die Spur bringen, wo der Skandal um manipulierte Diesel-Emissionswerte im September bekannt geworden war.

 Der designierte Nordamerika-Chef Winfried Vahland verlässt kurz vor seinem geplanten Amtsantritt überraschend den Konzern.

Der designierte Nordamerika-Chef Winfried Vahland verlässt kurz vor seinem geplanten Amtsantritt überraschend den Konzern.

Foto: afp, OA/vel/dg

Der bisherige Chef der VW-Tochter Skoda scheide wegen unterschiedlicher Auffassungen über die Gestaltung der neuen Konzernregion aus, teilte Skoda am Mittwoch mit. Auch persönliche Motive hätten eine Rolle gespielt, sagte eine Person aus seinem Umfeld der Nachrichtenagentur Reuters. Nach 25 Jahren bei dem Wolfsburger Autobauer wolle er sich anders orientieren.

Vahland war auch als Kandidat für die Nachfolge von Volkswagen-Chef Martin Winterkorn gehandelt worden, die Wahl war dann aber auf Porsche-Chef Matthias Müller gefallen. Der Aufsichtsrat hatte den 58-Jährigen zum 1. November als Konzernverantwortlichen für die neue Region USA, Mexiko und Kanada ernannt. In dieser Funktion sollte Vahland an den neuen VW-Markenchef Herbert Diess berichten. Davor war spekuliert worden, Vahland könne zum Konzernvorstand für das Amerika-Geschäft berufen werden. Dann hätten die USA in der Konzernspitze ein ähnliches Gewicht erhalten wie das China-Geschäft, für das Jochem Heizmann zuständig ist.

Für den neuen Volkswagen-Chef Müller kommt Vahlands Abgang zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt: Am Donnerstag will er das Top-Management auf einer Tagung in Leipzig auf den neuen Kurs sowie den Konzernumbau einschwören. Dabei soll auch die von VW-Markenchef Herbert Diess angekündigte Neuausrichtung der Hauptmarke eine Rolle spielen. VW will sich künftig stärker auf Elektroautos konzentrieren. Daneben wird erwartet, dass Müller sein Sparprogramm erläutern wird. VW hat bereits angekündigt, seine Investitionen um eine Milliarde Euro im Jahr zu kürzen. Insidern zufolge plant auch Audi Ausgabenkürzungen.

Volkswagen dementierte unterdessen einen Bericht des "Spiegel", wonach weit mehr Manager an den Manipulationen beteiligt gewesen sein sollen als der Konzern behaupte. Die von dem Magazin genannte Zahl von mindestens 30 Managern entbehre jeglicher Grundlage, sagte ein Sprecher. "Spiegel Online" hatte sich auf die bisherigen Ermittlungen der Internen Revision und der von VW angeheuerten Anwaltskanzlei Jones Day berufen und berichtet, die betroffenen Manager sollten beurlaubt werden

VW-US-Chef Michael Horn hatte vergangene Woche bei einer Anhörung im US-Kongress gesagt, die Abschaltsoftware sei von ein paar Software-Ingenieuren eingebaut worden. Dies sei keine Entscheidung des Konzerns gewesen, erläuterte er vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses in Washington. VW hatte Mitte September zugegeben, in den USA eine illegale Software installiert zu haben, um Diesel-Emissionswerte zu manipulieren.

Die Analysten von IHS Automotive schätzen, dass VW seine Produktion in Nordamerika wegen des Diesel-Skandals in den nächsten Jahren im Schnitt um 35.000 Stück pro Jahr zurückfahren muss. 2014 hatte VW in seinem Werk in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee knapp 120.000 Autos produziert

Mit Vahland verlässt ein Manager Volkswagen, dessen Fähigkeiten in dem weltumspannenden Konzern geschätzt werden. Den ersten Ritterschlag verdiente er sich in China: Als dort vor zehn Jahren der Autoboom einsetzte, baute Vahland die dort dringend benötigen Fertigungskapazitäten auf, brachte neue Modelle an den Start und legte so die Basis für den Erfolg von Volkswagen auf dem inzwischen weltgrößten Pkw-Markt. 2010 kehrte Vahland zu Skoda zurück, wo er Anfang der 2000er Jahre schon einmal im Vorstand saß. Seither steht der Manager mit dem grauen Kurzhaarschnitt an der Spitze der tschechischen VW-Tochter.

Seine Karriere begann der gebürtige Westfale bei Opel, es folgte Audi. In Ingolstadt begann schon für mehrere spätere VW-Top-Manager die Karriere. Winterkorn selbst war Audi-Chef, bevor er Anfang 2007 nach Wolfsburg wechselte. Winterkorn trat wegen des Abgasskandals im September zurück.

(REU)
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