Skandal um Diesel-Autos VW-Chef Winterkorn kämpft ums Amt

Wolfsburg · Abgasmanipulationen setzten VW unter Druck: Elf Millionen Autos sind betroffen. Der Konzern sieht sich zu einer Gewinnwarnung gezwungen, Verkehrsminister Dobrindt (CSU) setzt eine Untersuchungskommission ein.

VW Chef: Das ist Martin Winterkorn
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Die Affäre um Manipulationen bei Abgasmessungen in den USA zieht immer weitere Kreise und zwingt Europas größten Autobauer Volkswagen zu einer Gewinnwarnung. Im dritten Quartal würden deshalb rund 6,5 Milliarden Euro "ergebniswirksam zurückgestellt", teilte VW mit - sie werden sich also negativ auf den Gewinn auswirken. Die Aktien der Wolfsburger an der Frankfurter Börse rutschten bis Handelsende erneut um 22 Prozent auf das tiefste Niveau seit Oktober 2011 ab.

Bei Tests in den USA war festgestellt worden, dass einige VW-Diesel-Modelle auf dem Prüfstand deutlich geringere Abgaswerte anzeigten als im normalen Fahrbetrieb auf der Straße. Das US-Justizministerium leitete am Montag strafrechtliche Ermittlungen gegen VW ein. Neben einem gigantischen Imageverlust droht Volkswagen allein in den Vereinigten Staaten ein Aufwand von bis zu 18 Milliarden Dollar, bedingt durch Rückrufkosten, strafrechtliche Folgen sowie mögliche Regressansprüche enttäuschter Kunden und Aktionäre. Für die entsprechenden Modelle erließ der Konzern in den USA einen Verkaufsstopp. Der massiv unter Druck geratene VW-Chef Martin Winterkorn will seinen Posten an der Konzernspitze indes nicht aufgeben. Es wäre falsch, "wenn wegen der schlimmen Fehler einiger weniger die harte und ehrliche Arbeit von 600.000 Menschen unter Generalverdacht gerät", sagte Winterkorn in einem Video-Statement. "Das hat unsere Mannschaft nicht verdient. Auch deshalb bitte ich um Vertrauen auf unserem weiteren Weg." Seit gestern tagt das Präsidium des Aufsichtsrats, am Freitag kommt das gesamte Gremium zusammen. Dort geht es auch um Winterkorns Vertragsverlängerung.

Prüfungen haben inzwischen ergeben, dass die betreffende Steuerungssoftware, welche die Abgaswerte im Testbetrieb gegenüber dem Straßenbetrieb künstlich schönt, auch in anderen Diesel-Autos des Konzerns verbaut wurde. Betroffen sind weltweit etwa elf Millionen Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189. Die aktuell in der EU angebotenen Neuwagen des VW-Konzerns mit Dieselantrieb nach Euro 6 erfüllten aber die gesetzlichen Anforderungen und Umweltnormen, hieß es in Wolfsburg.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) setzte gestern eine Untersuchungskommission ein. Sie werde unter Leitung von Verkehrs-Staatssekretär Michael Odenwald noch diese Woche nach Wolfsburg reisen, kündigte Dobrindt an. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte eine rasche Aufklärung: "Ich hoffe, dass möglichst schnell die Fakten auch auf den Tisch kommen." Die Affäre ruft auch die EU-Kommission auf den Plan. Man sei mit VW ebenso in Kontakt wie mit den Behörden in den USA, sagte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde. Es sei aber zu früh, um Schlüsse zu ziehen.

Volkswagen und andere: Die großen Skandale der Auto-Industrie
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Die Grünen forderten die Bundesregierung auf, die steuerliche Dieselförderung zu überprüfen. "Der VW-Skandal bietet einen neuen Anlass, die umweltpolitisch unsinnige Dieselförderung infrage zu stellen", sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Dieter Janecek. Die Autohersteller verkauften Diesel-Fahrzeuge mit dem Argument, sie seien besonders umweltfreundlich. Tatsächlich gebe es daran "erhebliche wissenschaftliche Zweifel", sagte Janecek. Weltweit kündigten viele Länder, in die Volkswagen exportiert, eine Überprüfung der Fahrzeuge an.

In New York entschuldigte sich, VW-Amerika-Chef Michael Horn mit den Worten: "Wir waren unehrlich zur Umweltbehörde EPA, wir waren unehrlich zu den Behörden in Kalifornien und, am schlimmsten von allem, wir waren unehrlich zu unseren Kunden. Um es auf gut Deutsch zu sagen: Wir haben Mist gebaut."

(RP)
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