Skandal-Label Versace will an die Börse

Rom · Tragödien erschütterten Versace. Der Untergang drohte, bis Gian Giacomo Ferraris das italienische Modelabel aus der Krise führte.

 Versace ist noch immer die Marke der Stars.

Versace ist noch immer die Marke der Stars.

Foto: ap

Familien sind komplizierte Gebilde. Als Außenstehender in komplizierte Familien zu geraten, macht die Sache nicht unbedingt einfacher - schon gar nicht, wenn die Familie permanent im Rampenlicht steht. Als Gian Giacomo Ferraris sich im Jahr 2009 anschickte, das Unternehmen der Familie Versace zu führen, waren Branchenkenner skeptisch. Das Modehaus aus Mailand war nach dem Mord an Gianni Versace völlig durcheinandergewirbelt worden. Ein Callboy hatte den Modeschöpfer 1997 in Miami erschossen.

Mitglieder der Familie hatten lange mit Depressionen und Drogenabhängigkeit zu kämpfen - insbesondere Donatella, die neue Chef-stylistin und jüngere, inzwischen 60 Jahre alte Schwester des Mordopfers. 2004 stand das Unternehmen kurz vor dem Bankrott. Heute hingegen sieht viel nach einer Erfolgsgeschichte aus. Der 58-jährige Geschäftsführer Ferraris hat Versace auf einen wirtschaftlich soliden Weg geführt und will das Unternehmen bald an die Börse bringen.

Versace, dieser Name steht für exzentrische Mode, Farbenpracht, barocke Ausschweifungen, sexuelle Allüren und Glamour. Lady Gaga turnte mit Versace-Klamotten auf der Bühne herum. Zum Dunstkreis der Familie zählten platzergreifende Persönlichkeiten wie Elton John, Madonna, Lady Diana oder Supermodels wie Cindy Crawford. Ruhige Töne, wenig Rampenlicht, Besonnenheit und Strategie galten bislang nicht als Stärken der Versaces. Für diese Aspekte ist Gian Giacomo Ferraris zuständig. Bevor der nüchterne Norditaliener 2009 zu Versace kam, war er fünf Jahre lang Geschäftsführer bei Jil Sander. Zuvor hatte er unter anderem bei Gucci gearbeitet. 20 Jahre Erfahrung in der Modebranche und ein Studienabschluss in Textilchemie qualifizierten ihn für einen der schwierigsten Spitzenjobs in der Luxusbranche.

Die Herausforderung für Ferraris war es, das Familienunternehmen der Zeit und dem Markt anzupassen, ohne die Tradition zu übergehen. 2009 stand ein Umsatz von 270 Millionen Euro zu Buche, es wurden Verluste geschrieben. Ferraris sprach Kündigungen aus, von 1350 Mitarbeitern schrumpfte Versace auf 980. Die Marke und die Produktpalette, die von Kleidern über Schuhe, Uhren, Schmuck, Parfum bis Einrichtung reicht, sollte gefestigt werden.

Die Kur zeigt Wirkung, ab 2011 ging es aufwärts. Als dann 2014 der Investmentfonds Blackstone für 220 Millionen Euro 20 Prozent der Firmenanteile erwarb, war das ein Signal für wiedergewonnene Stabilität. Die restlichen 80 Prozent der Anteile liegen noch bei Giannis 70-jährigem Bruder und Versace-Präsident Santo, bei Donatella, und bei deren 29-jähriger Tochter Allegra, die nach dem Tod ihres Onkels 50 Prozent der Firmenanteile erbte.

Der Börsengang soll nun frisches Kapital für noch mehr Wachstum bringen. Vergangenes Jahr wurde ein Umsatz von rund 550 Millionen Euro und ein Nettogewinn von 26 Millionen Euro erzielt. 2015 rechnet Ferraris mit 650 Millionen Euro Umsatz, mittelfristiges Ziel sei eine Milliarde Euro. "Wenn man diese Dimension erreicht hat, liegt der Börsengang in der Natur der Dinge", sagt Ferraris. Eine Erklärung für seinen Erfolg könnte sein, dass über das berühmte Modehaus Gerüchte und Anekdoten in Hülle und Fülle vorhanden sind. Über Ferraris hingegen weiß man nicht viel mehr als seine Stärken. Sie liegen in Disziplin und gesundem Haushalten.

(RP)
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