Systemgastronomie Vapiano steigert Umsatz und Gewinn deutlich

Bonn · Die Pastahaus-Kette aus Bonn hat in wenig mehr als einem Jahrzehnt den Sprung in die Spitzengruppe der deutschen Systemgastronomie geschafft. Allein im ersten Halbjahr 2015 stiegen die Umsätze dem Unternehmen zufolge hierzulande um 15 Prozent.

Doch zurzeit häufen sich die Negativschlagzeilen über das Unternehmen. Wie bei manchen Jugendlichen scheint das schnelle Wachstum auch bei Vapiano unerwünschte Nebenwirkungen zu verursachen. Die "Welt am Sonntag" berichtete kürzlich, dass in einigen Vapiano-Restaurants die Arbeitszeitaufzeichnungen der Mitarbeiter manipuliert worden sein sollen, um die Lohnkosten zu drücken. Gleichzeitig beschweren sich selbst begeisterte Vapiano-Kunden immer öfter über das mitunter lange Schlangestehen an den Kochstationen, wo die Nudelgerichte vor den Augen der Kunden frisch zubereitet werden. Ein Stern-Kolumnist bezeichnete Vapiano deswegen gar als "Pastavorhölle".

Das alles ist nicht gut fürs Image und so bemüht sich die Unternehmensspitze inzwischen mit einigem Aufwand gegenzusteuern.

Beispiel: Lohndrückereien. Hier hat Vapiano die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PWC) mit der Aufklärung der Vorfälle beauftragt. Vapiano-Chef Gregor Gerlach beteuert im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur, das Unternehmen werde solche Praktiken nicht dulden. "Für mich würde da schon ein Stück weit kriminelle Energie dazu gehören, so etwas unter Umgehung unserer Vorschriften und unserer Kontrollen zu tun", meint der Manager.

Gerlachs designierter Nachfolger Jochen Halfmann, der ab September die Geschicke des Unternehmens leiten wird, ergänzt, er gehe davon aus, dass innerhalb der nächsten vier Wochen Klarheit darüber bestehe, "ob es weitere Fälle gibt".

Ob die Einschaltung der Wirtschaftsprüfer allerdings wirklich der Königsweg ist, um künftig die Arbeitnehmerrechte im Unternehmen besser zu schützen, ist durchaus umstritten. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hielte es für nachhaltiger, wenn es in dem Unternehmen mehr Betriebsräte gebe. Der stellvertretende NGG-Vorsitzende Burkhard Siebert betonte: "Mit Betriebsrat ist Arbeitszeitbetrug ungleich schwerer". Bislang ist die NGG bei Vapiano praktisch nicht vertreten.

Auch die Kritik vieler Kunden an den vor allem zur Mittagszeit mitunter langen Wartezeiten will Vapiano nicht auf sich beruhen lassen. "Wir wollen das Anstehen reduzieren", sagt Gerlach. Dazu beitragen sollen mehr Kochstationen in den Restaurants, aber auch Feintuning des Vapiano-Konzepts. Zwar werde der Kunde auch weiterhin für das Hauptgericht anstehen müssen, damit die Nudeln vor seinen Augen und nach seinen Wünschen zubereitet werden, sagt der Manager.
Doch ein zusätzliches Schlangestehen für Getränke, eine Vorspeise oder ein Dessert soll es schon bald nicht mehr geben.

Desserts per App bestellen

Helfen soll dabei eine neue App, mit der alles, was über das Hauptgericht hinausgeht, wie Getränke oder Desserts per Klick geordert werden kann. Diese Bestellungen sollen dann am Platz serviert werden. Erste Tests mit der Bestellfunktion sollen noch in dieses Jahr beginnen, verspricht Gerlach.

Es geht dabei nur um Feinabstimmung, nicht um eine grundlegende Veränderung. Schließlich hat sein ungewöhnliches Konzept dem 2002 gegründeten Unternehmen einen stürmischen Aufstieg beschert. In einem vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga herausgegebenen Überblick "Systemgastronomie in Deutschland 2015" rangiert Vapiano inzwischen auf Rang 11 und hat damit namhafte Konkurrenten wie Maredo oder Mövenpick hinter sich gelassen. Während die Marktführer McDonald's und Burger King 2014 nach Schätzungen des Branchen-Fachblattes "food-service" spürbare Umsatzrückgänge hinnehmen mussten, wuchs Vapiano um mehr als 9 Prozent.

Und das Unternehmen ist längst dabei weitere Marktnischen für sich zu entdecken. So hat Vapiano den wachsenden Markt für Mitnehm-Gerichte und Lieferdienste ins Visier genommen. Auf dem Testmarkt in Fürth können sich die Kunden Nudeln und Pizzen von Vapiano inzwischen auch vom Lieferdienst ins Haus bringen lassen. Laut Halfmann entfallen nur wenige Wochen nach dem Start bereits mehr als zehn Prozent der Umsätze in der Fürther Filiale auf das neue Angebot. Selbst wenn sich die bisherigen positiven Erfahrungen bestätigen, soll das neue Angebot nach seinen Worten frühestens im nächsten Jahr auch in anderen Städten ausgerollt werden.

(dpa)
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