ThyssenKrupp und Transparenz Chance vertan

Meinung | Düsseldorf · Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger hat den über 150.000 Konzern-Beschäftigten kurz nach seinem Amtsantritt vor fünf Jahren ein zentrales Versprechen gegeben: Offenheit und Transparenz sollten das Handeln im Konzern künftig bestimmen. Diese Chance wurde vertan.

 Viele Stahlarbeiter sorgen sich um ihre Arbeitsplätze.

Viele Stahlarbeiter sorgen sich um ihre Arbeitsplätze.

Foto: afp

An diesem Versprechen müssen sich Hiesinger und sein Vorstand nun messen lassen. Auf der am Freitag tagenden Betriebsrätekonferenz hatten die Spitzenmanager des Konzerns die Chance, der Belegschaft zu beweisen, wie ernst es ihnen tatsächlich ist mit Offenheit und Transparenz.

Viel steht für die Arbeitnehmer zurzeit auf dem Spiel, die Lage ist beunruhigend: Überkapazitäten und Dumping-Importe drücken die Stahlpreise und damit die Gewinnmarge. Die lange vorhersehbare Verschärfung der CO2-Emissionsregeln macht den Wettbewerb auf dem Stahlmarkt noch härter.

Entscheidender aber für die Beschäftigten ist die Unruhe, die durch die Gespräche von Thyssenkrupp mit der indischen Tata über eine Zusammenlegung ihrer Stahlsparten entstanden ist. Erst viele Wochen nachdem unsere Redaktion die Gespräche öffentlich machte, wurden sie vom Thyssenkrupp-Vorstand endlich bestätigt. Und das auch erst, nachdem Tata über die Pläne berichtet hatte.

Ebenso vage äußerte sich der Vorstand zuletzt zu Gerüchten über Sparpläne und mögliche Werksschließungen. Der Satz von Thyssenkrupp-Finanzchef Guido Kerkhoff von Donnerstag, "man muss jetzt eine Periode lang eine gewisse Unsicherheit aushalten", erinnert stark an die inzwischen legendäre und viel kritisierte Aussage von Bundesinnenminister Thomas de Maizière: "Ein Teil dieser Antworten würden die Bevölkerung verunsichern."

Entsprechend groß sind die Befürchtungen der Arbeitnehmer — und sie sind nur zu berechtigt. Sollte es tatsächlich zu einer Fusion von Thyssen-Stahl und Tata Steel kommen, dann sind in Nordrhein-Westfalen viele tausend Arbeitsplätze in Gefahr. Damit nicht genug: Es ist nicht wenig wahrscheinlich, dass der Sitz eines solchen Gemeinschaftsunternehmens in die Niederlande verlegt würde, wo Tata in Ijmuiden über eines der profitabelsten Stahlwerke des Kontinents verfügt.

An diesem Freitag vor den Betriebsräten in Duisburg hatten Hiesinger und seine Vorstandskollegen die Chance, mehr Klarheit zu schaffen. Es war höchste Zeit, zu zeigen, dass bei ThyssenKrupp heute ein anderes Klima herrscht als vor Hiesingers Zeit. Ein Klima, das tatsächlich von Offenheit und Transparenz geprägt ist. Diese Chance haben sie vertan.

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