Neues Dossier zu Stuttgart 21 "Teuer, gefährlich, unwirtschaftlich"

Stuttgart · Die Bundesregierung geht offenbar auf Distanz zum seit Jahren umstrittenen Groß-Projekt "Stuttgart 21". Am Dienstag wurde ein Dossier öffentlich, das die Weiterführung des Bahnhofsprojekt in Zweifel zieht. Das Urteil ist vernichtend: Der Bahnhof soll später fertig werden, unabsehbar teurer werden. Das größte Problem: Selbst ein fertiger Bahnhof würde sich wahrscheinlich nicht rechnen.

Zehn Fakten zu Stuttgart 21
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Foto: dapd

Die "Stuttgarter Zeitung" hat die wesentlichen Punkte des Dossiers am Dienstag veröffentlicht. Die Fachleute der Regierung kommend zu einem vernichtenden Urteil. Die Kostenkalkulation der Deutschen Bahn wird massiv bezweifelt. "Ein belastbarer aktueller Gesamtwertumfang wurde noch nicht ermittelt bzw. ausreichend geprüft", zitiert die Zeitung aus dem Dossier. Zudem enthielten die aktuellen Berechnungen der Bahn weitere, "erhebliche Risiken". Im Klartext: Weder Bundesregierung noch Bahn können die tatsächlichen Kosten abschätzen.

Dass S21 deutlich teurer wird, als bisher öffentlich zugestanden, vermuteten die zahlreichen Kritiker des Projekts schon lange. Die Experten der Regierung bewerten das gesamte Projekt inzwischen als unwirtschaftlich. Die ständig steigenden Mehrbelastungen würden die Eigenkapitalverzinsung negativ ausfallen lassen. Deshalb müssten Alternativen zur gegenwärtigen Planung ernsthaft in Betracht gezogen werden.

Zudem könnte S21 deutlich später fertig werden als bisher angenommen. "Ein zusätzlicher Verzug von 32 Monaten", heißt es in dem Dossier, würde die Inbetriebnahme von "2021 auf 2024 verschieben". Auch dies könnte zu bislang noch nicht einkalkulierten Mehrkosten führen.

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Im Fazit des Dossiers kommt das vorläufige Urteil: Derzeit könne der Aufsichtsrat keine abschließende Entscheidung über die Zukunft von Stuttgart 21 treffen. Erst müssen eine belastbare Kostenberechnung inklusive Risikovorsorge vorliegen. Zudem müssten die Weiterführung als Kopfbahnhof und weitere Alternativen ausführlich geprüft werden.

Die Bahn will das Dossier nicht kommentieren. "Es handelt sich um ein internes Papier, das nicht an die Bahn adressiert ist", sagte ein Bahnsprecher am Dienstag. Das Unternehmen wolle dem Verlauf einer vertraulichen Aufsichtsrat-Sitzung im Laufe des Tages nicht vorgreifen. Verkehrsminister Ramsauer nannte den Bericht während seiner Irak-Reise schlicht "Quatsch".

Das Kommentieren übernehmen andere

Der Grünen-Verkehrspolitiker Toni Hofreiter hält das Dossier für plausibel. "Das deckt sich absolut mit meinen Erkenntnissen aus dem Verkehrsministerium und aus der Bahn", sagte Hofreiter im Bayerischen Rundfunk. "Aus der Bahn wurde mir gesagt, dass der Fertigstellungstermin 2025 ist. Das ist absolut glaubwürdig." Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestages verlangte, im Zweifel lieber jetzt auszusteigen. Nach seinen Angaben wird das Projekt am Ende zwischen 10,7 und 11,3 Milliarden Euro kosten.

Der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Oliver Luksic, erklärte: "Die Kostenexplosion frisst das Eigenkapital der Bahn für die nächsten Jahre auf, so dass wir dringend das Projekt überdenken müssen. Die Bahn müsse endlich mit offenen Karten spielen.

(csi)
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