Essener Konzern Stahlfusion schwächt Thyssenkrupp

Essen · Der Vorstand von Thyssenkrupp treibt einen Zusammenschluss der Stahlsparte mit dem britisch-indischen Konkurrenten Tata voran. Vertraulichen Papieren zufolge sind aber die eigenen Probleme schon groß genug.

 Ein Stahlarbeiter am Hochofen bei ThyssenKrupp in Duisburg (Symbolfoto).

Ein Stahlarbeiter am Hochofen bei ThyssenKrupp in Duisburg (Symbolfoto).

Foto: dpa

Kurz vor der möglichen Stahlfusion von Thyssenkrupp mit dem britisch-indischen Konkurrenten Tata ist die Lage des Ruhrkonzerns in weiten Teilen schwieriger als bisher bekannt. Wie aus internen Thyssenkrupp-Unterlagen von Mitte Mai hervorgeht, die unserer Redaktion vorliegen, haben drei der fünf Konzernsparten Probleme, mit der Konkurrenz mitzuhalten.

"Mangelnde Wettbewerbsfähigkeit" bescheinigt der Thyssenkrupp-Vorstand darin nicht nur der Anlagenbau- und Werftensparte, sondern auch dem Stahl und sogar dem Geschäft mit Aufzügen, das mit einer Gewinnmarge von 11,5 Prozent eigentlich als Vorzeige-Tochter gilt.

Aus den Papieren geht auch hervor, dass sich die Wettbewerbsposition von Thyssenkrupp zum Teil zuletzt noch verschlechtert hat. Der Konzern teilte dazu am Mittwoch lediglich mit, es sei bekannt, dass jeder Sparte konkrete Ziele vorgegeben seien, die sich an den jeweils besten Wettbewerbern orientieren.

Knapp 22.000 Stahlarbeiter

Der interne Befund überrascht, hatte doch Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger betont, dass er eine Fusion der Stahlsparte mit Tata aus einer Position der Stärke in Angriff nehme. Der Konzernvorstand verhandelt mit Tata seit über einem Jahr über eine Zusammenlegung der Stahlsparten in einem Joint Venture. Ein solcher Zusammenschluss birgt vor allem für die knapp 22.000 Stahlarbeiter in NRW Gefahren.

"Wir haben immer gesagt, dass wir unter den gegebenen ökonomischen Umständen eine Konsolidierung der europäischen Stahlindustrie für erforderlich halten", heißt es dazu in einer Thyssenkrupp-Stellungnahme mit Blick auf die weltweiten Überkapazitäten im Stahl. Ob, wann und mit wem, sei weiterhin offen. Die Essener bestätigten erneut, dass es Gespräche mit Tata gebe. Ähnlich äußerte sich Tata. Zudem hoffen beide Konzerne auf Einsparungen durch die Fusion.

Sollte es zu einer Fusion kommen, würde sich Thyssenkrupp den internen Unterlagen zufolge allerdings mit einem Wettbewerber verbünden, der weniger rentabel ist. Bei der Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) liegt Tata Steel Europe im westeuropäischen Vergleich der Stahlhersteller seit 2014 an letzter Stelle.

Auch unter Analysten rufen die Pläne Skepsis hervor

Die Fusionspläne stoßen intern und extern auf Kritik: "Die Situation erinnert an die Phase kurz vor den desaströsen Investitionen in Amerika, als der damalige Vorstand ebenfalls seinen Plan um jeden Preis durchsetzen wollte", sagte der ehemalige IG-Metall-Chef und Vize-Aufsichtsratschef der Stahlsparte, Detlef Wetzel. Steel-Gesamtbetriebsratschef Günter Back hält eine Fusion allein wegen der Pensionslasten für "hochgradig gefährlich". Schon bei der ersten Konjunkturdelle könne es zu Problemen kommen. Auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte das Vorhaben kritisiert.

Dass Vorstandschef Heinrich Hiesinger eine harte Auseinandersetzung riskiert, ist für Thyssenkrupp ungewöhnlich. Der inzwischen verstorbene Konzernpatriarch Berthold Beitz hatte seit dem Arbeitskampf um Duisburg-Rheinhausen in den 80er Jahren stets Wert darauf gelegt, Konflikte im Konsens zu lösen und die Politik einzubeziehen.

Auch unter Analysten rufen die Pläne Skepsis hervor. Aus Sicht der Baader-Bank etwa sollte sich Thyssenkrupp allenfalls mit dem niederländischen Tata-Geschäft zusammenschließen und die britischen Werke außen vor lassen.

(maxi)
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