Deutsche Bank verschreckt die Finanzmärkte Schon wieder enttäuschen Anshu Jain und Jürgen Fitschen

Mit derart schlechten Zahlen hatten die Analysten nicht gerechnet: Mit ihrem Milliardenverlust enttäuschte die Deutsche Bank die Anleger. An der Börse rauschte die Aktie umgehend in die Tiefe. Auch die Aussichten für 2014 lassen kaum hoffen. Dennoch finden Analysten gute Worte für das Führungsduo Jain/Fitschen.

 Jürgen Fitschen und Anshu Jain blieben im Jahr 2013 deutlich unter den Erwartungen.

Jürgen Fitschen und Anshu Jain blieben im Jahr 2013 deutlich unter den Erwartungen.

Foto: dpa, Boris Roessler

Die Mitteilung der Deutschen Bank schlug am Sonntagabend ein wie eine Bombe. Der überraschende Milliardenverlust im Schlussquartal 2013 schockierte die Anleger und die Börse. Das Institut blieb damit auch im Gesamtjahr weit unter den Erwartungen der Experten.

Die Gründe sind bekannt, schlagen aber noch mehr ins Kontor als erwartet: Deutschlands größtes Geldhaus ächzt unter Verfehlungen der Vergangenheit. Juristische Auseinandersetzungen kosten die Deutsche Bank Milliarden - und die Aufräumarbeiten sind noch lange nicht beendet.

Die Altlasten hinterlassen tiefe Spuren

Die Welt könnte so schön sein für die Deutsche Bank - wären da nicht die umfangreichen Aufräumarbeiten, die dem Führungsduo Anshu Jain und Jürgen Fitschen die Bilanz verhageln und die Märkte in Aufruhr versetzen. Im vergangenen Jahr habe das Institut in seinem "operativen Kerngeschäft" mit einem Vorsteuergewinn von 8,4 Milliarden Euro eines der besten Ergebnisse der vergangenen zehn Jahre erzielt, erklären die beiden Vorstandschefs bei der Vorlage ihrer vorläufigen Jahresbilanz am Sonntagabend.

Doch tatsächlich ist die Welt derzeit alles andere als schön für den Branchenprimus. Denn das operative Kerngeschäft ist nicht der gesamte Konzern - der Begriff beschreibt viel mehr die Vorstellung, wie sich Jain und Fitschen ihr Haus nach dem laufenden Umbau wünschen. Sämtliche Problemfälle und Altlasten sind da herausgerechnet. Und die haben auch im vergangenen Jahr wieder tiefe Spuren beim Konzern hinterlassen. Und so steht vor Steuern nun tatsächlich "nur" ein Gewinn von 2,1 Milliarden Euro. Auch 2014 dürfte die Abarbeitung der Vergangenheit das Geschäft des einzigen deutschen Geldhauses von internationaler Bedeutung belasten.

Schon wieder müssen Jain und Fitschen um Geduld bitten

Abermals müssen Jain und Fitschen enttäuschende Zahlen erklären.
Sie liegen so deutlich unter den allgemeinen Erwartungen, dass das Institut sich genötigt sah, die Ergebnisse rund anderthalb Wochen früher als ursprünglich geplant vorzulegen. Dabei waren die Sonderbelastungen zumindest nicht so hoch wie 2012, als die Bank gerade einmal 814 Millionen Euro vor Steuern erwirtschaftete.
Beobachter hatten damals gehofft, das Schlimmste sei damit vorüber.

Nun aber müssen Jain und Fitschen einräumen, dass auch 2013 ganz im Zeichen der Aufräumarbeiten stand. Die schlugen vor allem im zweiten Halbjahr mächtig ins Kontor, im vierten Quartal stand sogar ein Milliarden-Verlust. Und Hoffnungen auf ein schnelles Ende dieser Durststrecke machen Jain und Fitschen nicht. Auch 2014 werde ein schwieriges Jahr. Erst 2015 soll es besser werden. Auf dieses Jahr hat die Führungsspitze ihre gesamten Planungen ausgerichtet. Dann soll die Deutsche Bank wieder deutlich profitabler sein und dabei auch weniger schwankungsanfällig.

Milliardenschwere Strafzahlungen

Es sind die Sünden der Vergangenheit, die die Deutsche Bank immer wieder ausbremsen. Im sechsten Jahr nach dem Höhepunkt der Finanzkrise machen die Behörden weltweit ernst, früheres Fehlverhalten der Banken abzustrafen. Das trifft auch die Deutsche Bank. Und die Behörden gehen offenbar rigoroser vor, als sich das die Kreditinstitute hätten vorstellen können. Deshalb musste die Deutsche Bank im vergangenen Jahr auch mehrfach ihre Rückstellungen für die Rechtsstreitigkeiten erhöhen.

Im Dezember akzeptierte das Institut gleich zwei hohe Strafzahlungen. Zunächst verdonnerte die EU-Kommission das Institut zu einer Rekordstrafe von 725 Millionen Euro wegen der Beteiligung an der Manipulation von wichtigen Zinssätzen wie dem Libor. Dann einigte sie sich in den USA auf einen 1,9 Milliarden Dollar schweren Vergleich wegen windiger Hypothekengeschäfte vor der Finanzkrise.

Noch Leichen im Keller

Insgesamt zahlte das Institut im vergangenen Jahr 2,5 Milliarden Euro für die Beilegung juristischer Auseinandersetzungen. Weitere Fälle dürften folgen - die Bank hat dafür bereits 2,3 Milliarden Euro zurückgelegt. Unter anderem steht wegen des Libor-Skandals noch eine Strafe in den USA aus. Deutschlands oberste Bankenaufseherin Elke König sagte kürzlich: "Aufseher weltweit sind damit beschäftigt, die Vergangenheit aufzuarbeiten."

Denn es gibt weitere Verdachtsfälle. Vor allem die Ermittlungen wegen mutmaßlicher Betrügereien im Devisenhandel könnten für Deutsche Bank teuer werden. Sie ist die weltweite Nummer eins in diesem Geschäft. Erste Händler soll sie - wie andere Banken auch - bereits suspendiert haben. Inzwischen plant die deutsche Finanzaufsicht Bafin einem Bericht des "Spiegel" zufolge, eine Sonderprüfung einzuleiten.

Langsam verblasst der Glanz der Erneuerer

Die Behörden lassen kaum einen Bereich der Finanzwelt ungeprüft - auch bei der Preisbildung von Rohstoffen und Edelmetallen gibt es Verdacht auf Betrügereien. Zudem schauen sich die Ermittler in den USA an, ob nach dem Höhepunkt der Finanzkrise beim Abverkauf von Giftpapieren in den Bank-Bilanzen alles mit rechten Dingen zuging.
Die Überprüfungen sollen sich auch gegen die Deutsche Bank richten.

Das Führungsduo Jain/Fitschen hatte zum Amtsantritt im Sommer 2012 einen Kulturwandel versprochen. Der Weg dahin ist schmerzhaft. Das weiß auch die Bank-Spitze. "Einen Kulturwandel kann man nicht per Knopfdruck herbeiführen", sagt Fitschen. Um die Neuausrichtung durchzusetzen, will er notfalls auch beim Personal durchgreifen: "Die es nicht für sich als ihren Kompass zu akzeptieren bereit sind, die müssen uns verlassen."

Denn die Aufarbeitung der Vergangenheit kostet nicht nur viel Geld, sondern kratzt auch am Image. Jain und Fitschen sehen sich auf dem richtigen Weg. Die Bank sei im vergangenen Jahr fitter, sicherer und ausgewogener geworden. Das sehen auch viele Analysten so. Sie loben, dass die Deutsche Bank sich nun konsequenter daran macht, die Risiken in der Bilanz abzubauen - auch wenn das teuer ist.

(dpa)
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