Energiekonzern RWE droht Milliarden-Strafe im Gasstreit

Essen · Die Kommunen machen Druck. Sie fordern Aufklärung über den Gasstreit mit den Arabern. Und sie fordern Aufsichtsrats-Chef Schneider auf, Werner Müller als Nachfolger zu nominieren. Die CDU signalisiert Zustimmung.

RWE-Chef Peter Terium.

RWE-Chef Peter Terium.

Foto: dpa, obe pzi

Dem angeschlagenen RWE-Konzern steht neuer Ärger ins Haus. Nun geht es um einen Handelsstreit mit dem arabischen Gaskonzern Dana Gas, der RWE eine Milliarden-Strafe bescheren könnte. Dana Gas teilte mit, dass die RWE-Handelstochter Supply & Trading (RWEST) eine Vertraulichkeitsvereinbarung gebrochen habe: "Ein Schiedsgericht hat nun bestätigt, dass RWEST eine Vertraulichkeitsvereinbarung gebrochen hat, was die Interessen von Dana Gas und Crescent Petroleum verletzt. In der zweiten Jahreshälfte 2015 soll der Umfang des entstandenen Schadens quantifiziert werden." Laut Branchenkreisen will Dana Milliarden von RWE zurückfordern. Geld, das der hoch verschuldete Energieriese nicht hat.

Die Sprecherin des Essener Konzern erklärte: "Ich kann bestätigen, dass RWE Supply & Trading sich mit Dana Gas und Crescent Petroleum in einem laufenden Schiedsverfahren vor dem Internationalen Schiedsgericht in London befindet. Wir erwarten eine Beendigung des Verfahrens 2016." Das Verfahren sei aber nicht gerechtfertigt.

Dennoch hat RWE zur Halbjahresbilanz 2015 Vorsorge getroffen, was zu roten Zahlen führte: Das neutrale Ergebnis sank unter anderem wegen der Bildung von Vorsorgen für Rechtsrisiken um 585 Millionen auf minus 447 Millionen Euro. Ob die Vorsorge reicht, ist fraglich. RWE selbst räumte in dem Lagebericht bereits ein: "Für potenzielle Verluste aus schwebenden Verfahren vor Schiedsgerichten haben wir Rückstellungen gebildet. Die uns gegenüber geltend gemachten Ansprüche übersteigen die Rückstellunsgbeträge allerdings deutlich."

Hintergrund des Streits sind die gescheiterten Pläne zum Bau der Nabucco-Pipeline, an der RWE beteiligt war. Die Pipeline sollte die EU mit kaspischen Gasvorkommen verbinden, wurde aber 2013 wegen fehlender Nachfrage und Konkurrenz durch andere Pipelines aufgegeben.

Der Vorgang besorgt zunehmend auch die Städte, die 25 Prozent an RWE halten. Sie fürchten, dass die Früchte der harten Sparrunden plötzlich verwendet werden müssen, um Strafen für größenwahnsinnige Projekte der Vergangenheit zu bezahlen. Auf einer nächsten Sitzung wollen die kommunalen Aufsichtsräte dieses Thema auf den Tisch bringen. Das Ganze ist auch deshalb delikat, weil RWE-Chef Peter Terium selbst verantwortlich zeichnet für den Bereich Supply & Trading. Jede Panne hier hängt automatisch auch ihm an.

Auf der Aufsichtsrats-Sitzung am 18. September wird es ohnehin hoch hergehen. Die vier kommunalen Vertreter wollen Aufsichtsrats-Chef Manfred Schneider auffordern, mit Werner Müller Gespräche aufzunehmen. Der Chef der RAG-Stiftung ist ihr Favorit für die Nachfolge von Schneider, der sein Mandat im Frühjahr altersbedingt aufgibt. Damit bahnt sich die RWE-übliche, monatelange Schlammschlacht um den Spitzenjob an.

Denn Schneider will nicht Müller, sondern den früheren SAP-Finanzvorstand Werner Brandt. Den wiederum lehnen die Kommunen ab. "Zwei Controller sind einer zu viel", heißt es in kommunalen Kreisen. Wenn schon der Vorstandschef Controller ist (Terium wird intern "Büchsen-Controller" genannt), könne nicht auch noch der Aufsichtsrat von einem Controller geführt werden. RWE brauche jetzt einen strategisch versierten Energiemanager, der auch das politische Geschäft verstehe, um den Konzern aus der schweren Krise zu holen.

Die Zustimmung für Müller wächst. Auch die NRW-CDU habe signalisiert, dass sie seiner Kür nicht im Wege stehen werde, heißt es nun. Damit kann Müller auf die vier kommunalen Vertreter im Aufsichtsrat ebenso zählen wie auf die beiden Vertreter der Gewerkschaft IG BCE. Die Gewerkschaft Verdi war bei ähnlichen Duellen meist flexibel, wenn sie im Gegenzug andere Personalien durchsetzen konnte.

Beobachter erwarten, dass Kunstfreund Brandt sich auf einen offenen Kampf mit Müller nicht einlassen wird — zumal er sich nach dem Höllen-Job nicht gedrängt hat, sondern von Schneider bekniet worden war. Andere hatten längst abgesagt.

(anh)
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