Ferienflieger Niki und die Politik Wer den Wettbewerb scheut, muss eben zahlen

Meinung | Berlin · Ferienflieger Niki fliegt nicht mehr. Dies ist dramatisch für die Beschäftigten und ärgerlich für gestrandete Reisende. Dass allerdings auch der Steuerzahler tief in die Tasche greifen muss, hat er schlechten Entscheidungen der Bundesregierung zu verdanken.

Als Air Berlin im Sommer mitten in der Ferienzeit Insolvenz anmeldete, hatte die Bundesregierung zwei Optionen. Die erste war die, die sie sehr rasch gewählt hat: Sie gab Air Berlin einen staatlichen Überbrückungskredit von 150 Millionen Euro, um drei, vier Monate Zeit zu gewinnen. In dieser Zeit sollte der geordnete Verkauf eines möglichst großen Teils von Air Berlin organisiert werden. Dass die Bundesregierung dabei die Übernahme durch den Platzhirschen Lufthansa präferiert hat, war von Anfang an klar erkennbar - und wurde vom damaligen Bundesverkehrsminister Dobrindt auch unverblümt zugegeben.

Es hätte mehr Wettbewerb gegeben

Option Nummer zwei wäre gewesen, Air Berlin nur bis zum Ende der Ferienzeit über Wasser zu halten, das Unternehmen dann aber pleite gehen zu lassen und die bis zu eine Million Air-Berlin-Passagiere, die damals im Ausland weilten, auf Staatskosten nach Deutschland zurückzufliegen. Auch das hätte viel Geld gekostet, wahrscheinlich sogar genauso viel wie der Überbrückungskredit, der nun weitgehend verloren gehen dürfte. Doch der unschätzbare Vorteil dieser zweiten Option wäre gewesen, dass auf dem deutschen Luftverkehrsmarkt deutlich mehr Wettbewerb entstanden wäre, weil auch andere Gesellschaften als nur Lufthansa und Easyjet eine Chance auf einen nennenswerten Teil der Start- und Landerechte von Air Berlin gehabt hätten.

Hätte Berlin die innere Überzeugung und die Kraft für diese zweite Option gehabt, hätte es weitere negative Folgen möglicherweise vermieden. Die Air-Berlin-Tochtergesellschaft Niki, die an sich total gesund gewesen ist, wäre jetzt wahrscheinlich nicht pleite. Denn Niki war ein Leckerbissen, an dem auch andere als die Lufthansa durchaus interessiert waren. Die zu Thomas Cook gehörende Fluggesellschaft Condor, der British-Airways-Mutterkonzern IAG und andere hätten wohl schneller ein echtes Kaufangebot für Niki vorgelegt, wenn sie nicht den Eindruck gehabt hätten, die Lufthansa werde bevorzugt.

Fest steht, der Ferienflieger hätte jetzt weniger Probleme, wenn nicht die Verkäuferseite die Warnungen der Kartellwächter in Brüssel seit dem Sommer ignoriert hätte. Wer aber wie die große Koalition in Berlin glaubt, man könne europäische Wettbewerbsfragen geringer bewerten als industriepolitische nationale Interessen, der wird am Ende bestraft — mit dem Veto der EU-Kommission, das jetzt zu der Niki-Pleite führt.

Bald alle Flüge versichern

Der Staat hat Glück, dass er jetzt nicht auf seine Kosten auch noch die im Ausland gestrandeten Niki-Passagiere zurückbringen muss. Alle anderen Airlines helfen Niki und starten dankenswerterweise eine private Rückholaktion. Um zu verhindern, dass Rückholkosten infolge von künftigen Airline-Pleiten beim Steuerzahler hängen bleiben, sollten Passagiere verpflichtet werden, auch direkt bei den Airlines gebuchte Auslandsflüge zu versichern. Dazu könnte man die Reisesicherungsscheine für Pauschalreisen ausweiten.

Noch ist nicht ausgemacht, ob nicht auch noch das gesamte Kartenhaus zusammenbricht. Denn nicht einmal der Verkauf von großen Teilen der Hauptgesellschaft Air Berlin an Lufthansa ist kartellrechtlich abgesichert. Auch hier sind die Bedenken der Brüsseler Wettbewerbshüter noch nicht ausgeräumt. Das Interessenskartell der Lufthansa mit der Bundesregierung kann daher für die Steuerzahler noch teurer werden als der Überbrückungskredit. Denn sollte der komplette Deal am EU-Veto scheitern, wären am Ende mehr Menschen arbeitslos, als ursprünglich nach Option eins abzusehen war.

(mar)
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