Rheinmetall beliefert Bundeswehr Neuer Raketenschutz kommt aus Düsseldorf

Düsseldorf (RP). Täglich werden aus Afghanistan Angriffe auf die Feldlager der Schutztruppe Isaf gemeldet. Die Terroristen verwenden dafür meist alte Artilleriegranaten und Mörsermunition, die die Sowjetarmee bei ihrem Abzug in riesigen Mengen zurückgelassen hat. Erstmals gibt es nun einen Schutz gegen die meist nachts einschlagenden Geschosse: Das Düsseldorfer Rüstungsunternehmen Rheinmetall liefert im Auftragswert von zunächst 120 Millionen Euro so genannte Nächstbereichs-Schutzsysteme (NBS) an die Bundeswehr.

 Die neuen Geschütze sollen die Bundeswehrsoldaten vor Angriffen aus der Luft schützen.

Die neuen Geschütze sollen die Bundeswehrsoldaten vor Angriffen aus der Luft schützen.

Foto: Rheinmetall

Der am Montag beim Bundesamt für Wehrtechnik und Beschaffung in Koblenz unterzeichnete Vertrag umfasst zunächst zwei Systeme: Der erste Schutzschirm soll ab 2011 im Feldlager Kundus im Norden Afghanistans installiert werden, das besonders häufig angegriffen wird. Das zweite NBS bleibt zur Ausbildung des Bedienungs- und Wartungspersonals in Deutschland.

17 Schuss pro Sekunde

Das Prinzip der neuen Abwehrwaffe erscheint einfach: Ein Radarsensor erkennt die anfliegende Rakete; die im Feldlager platzierten Maschinenkanonen feuern sofort je 17 Schuss pro Sekunde in die berechnete Flugbahn. Diese Abwehrgeschosse zerlegen sich noch einmal in eine Wolke von kleinen Metallteilen, in die die Rakete hineinfliegen muss und zerstört wird.

Die Idee erinnert an das niemals verwirklichte SDI, ein weltweites Abwehrsystem gegen atomare Interkontinentalraketen, das die USA vor Jahrzehnten geplant hatten.

SDI hätte zumindest eine minutenlange Reaktionszeit ausnutzen können. NBS muss dagegen nicht auf zehntausende Kilometer, sondern auf nur hunderte Meter Entfernung noch zielsicher agieren können. Daher war die Geschwindigkeit, mit der eine solche Anlage arbeitet, bisher technisch nicht erreichbar. Denn zwischen Abschuss und Einschlag der Flugkörper liegen in Afghanistan oft nur wenige Sekunden.

Rheinmetall ist deshalb stolz darauf, der Bundeswehr jetzt ein solches High-Tech-System bieten zu können, das bei jeder Wetterlage rund um die Uhr zuverlässigen Schutz biete. Für Menschen arbeitet es natürlich viel zu schnell: Zwar gibt es eine Leitstelle, die aber muss auf Automatik stellen, wenn das System effektiv wirken soll.

Wehrlos gegen Angriffe aus der Luft

Das Feldlager Kundus liegt außerhalb der gleichnamigen Stadt auf einem Plateau und ist von einer meterhohen, mit Kameras gesicherten Mauer umgeben. Gegen Angriffe aus der Luft ist es aber bislang "wehrlos”. Die Soldaten müssen sich in Schutzräumen oder hinter Sandsäcken in Sicherheit bringen, wenn sie gewarnt werden oder das Heulen des Geschosses hören.

Die anderen Nationen, die Soldaten für die Schutztruppe Isaf stellen, haben dieselben Probleme. Entsprechend neugierig beobachten die Alliierten das neuartige Abwehrsystem. Funktioniert es nicht nur bei zahlreichen Versuchen, sondern auch im Alltag am Hindudukusch, sind größere internationale Folgeaufträge zu erwarten.

Der Bundeswehr liefert Rheinmetall außerdem die dazugehörige Munition im Wert von 13,4 Millionen Euro. Da das NBS den Einstieg in die umfassende Modernisierung der Flugabwehrtruppe des deutschen Heeres markiert, wird dieser Auftrag darüber hinaus als "strategischer Erfolg” des Unternehmens bei der Umrüstung der Bundeswehr auf High-Tech-Schutztechnologie gewertet.

NBS kann neben der Flugbahn und dem theoretischen Einschlagsort auch den Standort der Angreifer berechnen und auf diese Weise zusätzlich eine gezielte Bekämpfung der Terroristen selbst ermöglichen. Außerdem warnt NBS zeitgleich sicherheitshalber die Soldaten im Feldlager, damit sie sich vor eventuellen umherfliegenden Splittern schützen können.

(RP)
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