Nach Brexit-Votum Großbritanniens Wirtschaft wächst deutlich langsamer

London · Die britische Wirtschaft spürt zunehmend die Folgen des Brexit-Votums. Der Grund ist offenbar, dass die Verbraucher weniger Geld ausgeben. Für Premierministerin Theresa May kommt diese Nachricht ungelegen.

 Londons Finanz- und Bankendistrikt "Canary Wharf".

Londons Finanz- und Bankendistrikt "Canary Wharf".

Foto: dpa, hm ukit wst

Angesichts der Unsicherheiten wegen des bevorstehenden EU-Austritts ist die britische Wirtschaft im ersten Quartal dieses Jahres weniger stark gewachsen. Das Bruttoinlandsprodukt legte in den ersten drei Monaten um 0,3 Prozent zu, wie die nationale Statistikbehörde am Freitag mitteilte. Dies ist der geringste Anstieg seit einem Jahr. Ende 2016 hatte die Wirtschaft noch um 0,7 Prozent zugelegt.

Die Schwäche im ersten Quartal 2017 sei "sehr wahrscheinlich auf den Brexit zurückzuführen", sagte Experte Alan Clarke von der Scotiabank. Wegen des sinkenden Pfundes habe die Inflation zugenommen, wodurch wiederum die Kauflaune der Briten abgenommen habe und das Wachstum insgesamt verlangsamt worden sei. "Die britische Wirtschaft fängt an sich zu verlangsamen, da die Verbraucher ihre Ausgaben zurückfahren", sagte Analyst James Smith von der Großbank ING. Dies bremst bereits die Geschäfte im Einzelhandel und in der Hotellerie.

Die Daten kommen für Premierministerin Theresa May eher ungelegen. Denn sie will sich bei vorgezogenen Wahlen Anfang Juni stärkere Rückendeckung im Parlament für die Verhandlungen zum EU-Austritt holen. Nun zeigt sich aber, dass der Brexit die Konjunktur bremsen dürfte. Finanzminister Philip Hammond sagte nach den BIP-Daten zwar, die Wirtschaft sei widerstandsfähig. Aber viele Ökonomen gehen davon aus, dass die Konjunktur sich in den nächsten Monaten weiter abkühlen dürfte.

Nach dem Volksentscheid zum EU-Austritt vom Juni 2016 war das Pfund eingebrochen. Die Währungsschwäche beflügelt zwar die Exporte, hat aber die Inflation spürbar nach oben getrieben. Die Verbraucherpreise kletterten im März auf das höchste Niveau seit September 2013 und verharrten im April bei 2,3 Prozent. Dies setzt die Kaufkraft der Briten unter Druck. ING-Experte Smith geht nicht davon aus, dass mehr Ausfuhren dies ausgleichen können.

(wer/REU/afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort