Jain und Fitschen gehen Wie die Deutsche Bank den Neustart wagt

Frankfurt/Main/Zürich · Beim Machtwechsel werden feine Unterschiede gemacht: Ein Chef bleibt noch ein Jahr, einer geht sofort. Dabei hatte Oberaufseher Achleitner das Erdbeben schon angekündigt. Wichtig für Kunden: Es bleibt beim Schließen von Filialen.

 Die Zeit für Jain und Fitschen an der Spitze der Deutschen Bank geht zuende.

Die Zeit für Jain und Fitschen an der Spitze der Deutschen Bank geht zuende.

Foto: dpa, ade jai tmk

Auch in diesem Fall hatte Josef Ackermann, früherer Vorstandschef der Deutschen Bank recht: Er befürchte, keiner seiner im Jahr 2011 wahrscheinlichen Nachfolger werde das Format haben wie er selbst, glaubte er am Ende seiner Amtszeit und versuchte Ex-Bundesbankchef Axel Weber zu seinem Nachfolger zu machen - das scheiterte. Und bekanntermaßen übernahm das von Anfang an glücklose Duo Anshu Jain und Jürgen Fitschen im Juni 2012 das Kommando.

Drei Jahre später ist klar, dass das Paar sich in einer Vielzahl von Affären, Gerichtsverfahren sowie zu niedrigen Gewinnen verheddert hat. Und spätestens seit einem Inter view von Aufsichtsratschef Paul Achleitner am 21. Mai war in Frankfurt absehbar, dass der Machtwechsel kommt: Auf die Frage, ob Jain und Fitschen unersetzbar seien, antwortete Achleitner: "Wer ist das schon? Es geht um die Zukunft der Institution Deutsche Bank, nicht um die von Individuen." Deutschlands größtes Geldhaus müsse wieder eine geachtete und respektierte Bank werden - das forderten auch Arbeitnehmervertreter unlängst.

"Jains Aus wirkt wie ein Rauswurf"

Zumindest Fitschen übersteht das Erdbeben mit halbwegs guter Reputation. Er geht zwar in einem Jahr, aber es kostet den 66-jährigen nicht jetzt das Amt, sich in München in einem Verfahren wegen vermuteter Falschaussage beim Prozess um die Pleite des Medienunternehmerns Leo Kirch verantworten zu müssen. Längst nicht so glimpflich kommt Jain weg. Es nützt dem britischen Bankmanager indischer Herkunft wenig, dass Oberaufseher Achleitner ihn und Fitschen am Sonntag dafür lobte, mit ihren Rücktrittsangeboten "auf beeindruckende Weise die Interessen der Bank vor ihre eigenen zu stellen." Tatsache ist, dass der Familienvater nach 20 Jahren bei der Deutschen Bank in nur drei Wochen seinen Schreibtisch räumen muss - und dann dient er dem Haus nur bis Ende des Jahres als Berater. "Gemessen daran, dass sein Vertrag an sich noch bis 2017 lief, ist das eine kurze Frist", meint ein leitender Angestellter der Bank. "Das wirkt wie ein Rauswurf."

Dabei müssen zwei Dinge auseinander gehalten werden: Der Wechsel an der Spitze scheint nicht auf einer erneuten Wechsel der Strategie hinauszulaufen - die wurde ja vom Vorstand mit dem Aufsichtsrat verabredet. Und im Aufsichtsrat war der neue Chef John Cryan in den letzten drei Jahren einer der wichtigsten Vertreter - angeblich war er bereits zweimal die Woche in Frankfurt in den vergangene Monaten.

Es bleibt also wohl dabei, dass die Postbank verkauft werden soll. Es bleibt so, dass rund 200 Niederlassungen in Deutschland geschlossen werden sollen. Und das ganze Geschäft soll viel mehr digitalisiert werden. Immerhin bauen US-Konzerne wie Apple und Google zunehmend eigene Bezahlsysteme über das Internet auf - der Deutsche Branchenprimus hat keine Alternative, als selbst auf Online-Technik zu setzen.

Cryan soll die Rechtsstreite angehen

Neue Akzente erwarten Insider dagegen vom neuen Chef nun bei der Bewältigung der Rechtsstreitereien: Weil John Cryan bisher keine operative Verantwortung hatte, kann er mögliche Kompromisse mit ermittelnden Behörden oder anderen Unternehmen unbefangener aushandeln als Jain und Fitschen. Laut Darstellung der Deutschen Bank war Cryan als früherer Finanzchef der Schweizer Großbank UBS auch in keine Skandale verwickelt, sondern tat bei UBS viel um Verfehlungen und Fehlspekulationen zu stoppen - bei der Deutschen Bank gab es dagegen Skandale rund um US-Immobilienkredite, um falsche Zinssätze, Steuerbetrug und vieles mehr.

Wird nun alles besser? Schön ist, dass der neue Chef im Gegensatz zu Jain relativ gut deutsch spricht - er arbeitete einige Zeit hierzulande. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) ist sich ansonsten aber nicht so sicher: "Klar war, dass es anders werden muss, wenn es besser werden soll. Ob es besser werden kann, wenn es anders wird, bleibt abzuwarten."

(RP)
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