Mark Zuckerberg will 45 Milliarden Dollar stiften Promi-Wohltäter unter Generalverdacht

Düsseldorf · Kaum hat Facebook-Gründer Mark Zuckerberg angekündigt, fast sein gesamtes Vermögen für wohltätige Zwecke zur Verfügung zu stellen, werden kritische Stimmen laut. In Deutschland, wo Charity-Aktionen von Promis reflexartig misstrauisch beäugt werden, ein bekanntes Phänomen. Warum nur?

Das Versprechen ist so maßlos wie amerikanisch: Zur Geburt ihrer Tochter Max haben Facebook-Milliardär Mark Zuckerberg und seine Frau Priscilla Chan mitgeteilt, nahezu ihr gesamtes Vermögen spenden zu wollen. Nicht alles auf einmal, aber im Laufe ihres Lebens versprechen sie 99 Prozent der Unternehmens-Aktien einzusetzen, um die Welt zu einer besseren zu machen. Für ihre Tochter und die Kinder dieser Welt.

"Wie alle Eltern wollen wir, dass du in einer Welt aufwächst, die besser als unsere heutige ist", schrieben Zuckerberg und Chan in einem Brief an ihre Tochter. Das Posting bei Facebook steuerte nur wenige Stunden nach seiner Veröffentlichung auf die Marke von einer Milliarde Likes zu. Das Staunen über so viel Großzügigkeit zieht sich über den ganzen Globus: 99 Prozent der Facebook-Aktien entsprechen derzeit 45 Milliarden Dollar.

Priscilla and I are so happy to welcome our daughter Max into this world!For her birth, we wrote a letter to her about...

So viel Geld hat noch nicht einmal die Stiftung von Bill und Melinda Gates zu bieten. Sie arbeitet mit einem Stock von 41 Milliarden Dollar, ein großer Teil davon umfasst auch Spenden des Milliardärs Warren Buffett, einem Freund der Gates.

"Du hast uns einen Grund gegeben, über die Welt nachzudenken, in der du leben wirst", begründen die Zuckerbergs ihren Entschluss als einen Akt der selbstlosen Menschenfreundlichkeit. Der Begriff "Philanthrop" ist an diesem Mittwoch so häufig zu lesen wie sonst nie. Mark Zuckerberg — ein selbstloser Wohltäter?

Daran gibt es Zweifel. Wer sich in Kommentarspalten, bei Twitter oder auch direkt unter dem Posting Zuckerbergs umschaut, registriert auch etliche skeptische Stimmen. Der Vorwurf: Zuckerberg sei ein Scheinheiliger und versuche in Wahrheit nur, seine Milliarden dem Zugriff des amerikanischen Fiskus zu entziehen. Mit seiner gewieften Steuervermeidungspolitik hat sich das Unternehmen schon in den vergangenen Jahren einen eher zweifelhaften Ruf erworben. Noch vor wenigen Wochen stänkerte eine britische Journalistin: "Facebook zahlt in Großbritannien weniger Steuern als ich."

Auch bei ihrem jüngsten Milliarden-Versprechen wollen Mark Zuckerberg und seine Frau ihr Geld nicht in fremde Hände geben. Anstatt an "Unicef" oder "Ärzte ohne Grenzen" zu spenden, gründen sie ihre "Chan Zuckerberg Initiative" lieber als Gesellschaft mit beschränkter Haftung — nicht als Non-Profit-Organisation. Sie wollten das Größtmaß an Flexibilität und würden ihre Mission mit einer großen Bandbreite an Aktivitäten erfüllen, teilte Facebook-Sprecherin Rachael Horwitz mit. "Auf diese Weise ist das weder eine Stiftung noch gänzlich gemeinnützig."

Wie die Milliarden konkret eingesetzt werden sollen, lässt Zuckerberg noch weitgehend offen. Als Ziele nennt er den Kampf gegen Krankheiten und Armut, aber auch verbesserte Bildung, sauberere Energien und die Förderung der Gleichberechtigung. Der Rest bleibt im Ungefähren.

Entsprechend misstrauisch lesen sich manche Kommentare im Netz: "Anders als bei der Philanthropie entscheiden beim Steuerzahlen wir alle, wo das Geld hinfließt", heißt es etwa bei Twitter.

Insbesondere in Deutschland hat Skepsis gegenüber Charity-Aktionen Tradition. Im November 2014 musste sich Tote-Hosen-Star Campino gegen den Vorwurf verteidigen, mit seinem "Band-Aid" nur billige Eigen-PR zu betreiben. Ähnlich erging es Schauspieler Til Schweiger im Sommer, als er ankündigte ein Flüchtlingsheim bauen zu wollen. Und in der Kritik steht in diesen Tagen auch das Promipaar Maschmeyer/Ferres, nachdem es Flüchtlinge bei sich aufgenommen hat.

Dass Imagepflege bei den Zuckerbergs und Schweigers dieser Welt eine wichtige Rolle spielt, darf man getrost annehmen. Ob man sie deswegen auch verurteilen darf, steht auf einem anderen Blatt. Auch Spenden aus Eitelkeit sind vermutlich dazu geeignet, Bedürftigen zu helfen.

Die USA pflegen da eine andere Kultur. Wer viel Geld hat, kann mit Anerkennung rechnen, steht aber auch als Privatmann mehr in der Verantwortung, etwas zurückzugeben. Das Erscheinungsbild gemeinnütziger Einrichtungen in den USA spricht da für sich. Universitäten leben von großzügigen Spenden, ganze Museen sind nach ihren Gönnern benannt, die Gesellschaft lebt von ihrer Stiftungskultur. Berühmt in diesem Zusammenhang ist der Ausspruch des amerikanischen Unternehmers Andrew Carnegie aus seinem 1899 erschienen "Evangelium des Reichtums": "Der Mann, der reich stirbt, stirbt in Schande".

Mark Zuckerberg: Priscilla Chan zeigt Baby-Bauch
8 Bilder

Mark Zuckerbergs Frau Priscilla zeigt Baby-Bauch

8 Bilder

Auf dieser Tradition baut offensichtlich auch die 2010 von Buffett und den Gates ins Leben gerufene Initiative "Giving Pledge" auf. Sie gilt als "Versuch, die reichsten Personen und Familien in Amerika einzuladen, um den Großteil ihres Reichtums der Philanthropie zu geben", wie es auf der zugehörigen Website heißt. 40 Milliardäre folgten diesem Aufruf.

Zweifel an seinem Versprechen wird Zuckerberg vermutlich erst ausräumen können, wenn seinen Worten Taten folgen. Bei Wohltätigkeitsorganisationen wurde seine Ankündigung jedoch mit Begeisterung aufgenommen. "Es handelt sich um ein unglaublich beeindruckendes und enormes Engagement, das wirklich alles in den Schatten stellt, das wir bisher gesehen haben", sagte Phil Buchanan, Präsident des gemeinnützigen Zentrums für effektive Philanthropie.

(pst)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort