Ex-Chef der Deutschen Bank Josef Ackermann — der Unbelehrbare

Frankfurt · Der frühere Deutsche-Bank-Chef hat sich im Strafprozess einen verbalen Aussetzer geleistet - nicht die erste Entgleisung dieser Art.

Ackermann – immer wieder die falschen Worte
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"Ich schäme mich für die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland." Mit diesen Worten hat der frühere Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann wieder einmal die Justiz angegriffen. Ackermann und seine Mitangeklagten kritisieren, dass der seit fast sieben Monaten laufende Strafprozess vor dem Landgericht München - es geht um versuchten Prozessbetrug im Schadenersatzverfahren der Erben des Medienunternehmers Leo Kirch - ihrer Ansicht nach unnötig in die Länge gezogen wird. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft mit der Verlesung eines Beweisantrags begonnen, der sich über 90 Seiten erstreckte und der voraussichtlich vier Stunden dauern sollte.

Nun mag man durchaus Verständnis dafür haben, dass Ackermann gereizt reagiert nach dem bisherigen Prozessverlauf. So mancher Beobachter hat nämlich den Eindruck gewonnen, die Ankläger zögen den Prozess in die Länge, weil ihnen bewusst sei, dass ihnen eine Niederlage drohe. Die Stimmung im Gerichtssaal war zuletzt so gereizt, dass die Verteidiger am Dienstag der Anklagevertretung vorwarfen, diese würden ihre Rechte missbrauchen.

Der letzte große Auftritt von Josef Ackermann
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Das allein rechtfertigt indes nicht die verbale Entgleisung Ackermanns - zumal es nicht das erste Mal ist, dass der Schweizer in einem deutschen Gerichtssaal für Aufregung sorgt. "Unbelehrbar" ist das Attribut, das Ackermann deshalb angeheftet wird. Unvergessen ist sein Victory-Zeichen beim Auftakt des Mannesmann-Prozesses im Jahr 2004: Damals wollte der amtierende Deutsche-Bank-Chef nach eigenem Bekundene nur den Popsänger Michael Jackson nachahmen, der am Tag zuvor die Hand zum Victory-Zeichen erhoben hatte, als er ein Gerichtsgebäude in den USA betrat. Zwar entschuldigte sich der Schweizer später dafür: "Wenn jemand dadurch in seiner Ehre getroffen ist oder das Gefühl hat, ich respektiere die deutsche Gerichtsbarkeit nicht, dann tut mir das leid, das war nie beabsichtigt und war absoluter Quatsch." Doch der Schaden war angerichtet, zumal Ackermann sich zuvor beklagt hatte, dass Deutschland das einzige Land sei, in dem diejenigen, die Erfolg hätten und Werte schafften, deswegen vor Gericht gestellt würden.

An der Stelle hat Ackermann an Glaubwürdigkeit verloren - nicht nur bei denen, die ihm die Jackson-Pose nicht abkaufen mochten und ihm stattdessen die aus ihrer Sicht typische Arroganz eines Spitzenbankers unterstellten. Der Satz über den Umgang der deutschen Justiz mit Angeklagten hat auch den Eindruck vermittelt, es mangele dem Manager an Respekt vor der deutschen Justiz - eine These, die durch sein Verhalten jetzt im Münchener Strafprozess gestützt wird. Und das fällt Ackermann umso mehr auf die Füße, je mehr die Altlasten der Deutschen Bank (Libor-Manipulation, Verdacht auf Steuerbetrug und anderes) an die Öffentlichkeit gedrungen sind. So manche Ermittlung hat ihren Ursprung in der Ära der Führungsfigur Ackermann. Dass zwischen 2005 und 2012, also in den letzten sieben Jahren der Amtszeit des Schweizers, der Aktienkurs der Deutschen Bank um 70 Prozent gesunken ist, wird zum Eigentor bei einem Mann, der davon spricht, Werte zu schaffen.

Lange Verfahrensdauer zermürbt Beteiligte

Die lange Verfahrensdauer in München, wo die Angeklagten jeden Dienstag vor Gericht erscheinen müssen, hat die Beteiligten offenbar zermürbt. Auch Ackermann. Dabei kann er sogar hoffen, dass das Verfahren gut für ihn ausgeht. Die Oberstaatsanwältin Christiane Serini hat zuletzt versucht, durch neue Beweisanträge den Ausgang des Prozesses zu ihren Gunsten zu erreichen. Aber das Gericht hatte zuvor zu erkennen gegeben, dass es bisher den Nachweis nicht sehe, dass die aktuellen und früheren Manager der Deutschen Bank wissentlich und mit Schädigungsabsicht falsch ausgesagt hätten. Und an der Einschätzung hat sich bisher offenbar noch nichts geändert. Trotzdem wird sich das Verfahren auf jeden Fall bis 2016 ziehen.

Das Gericht wird kein Interesse an einem Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft haben; darum werden vermutlich alle von den Anklägern gewünschten Zeugen aussagen. Die Verhandlungstermine sind noch bis 12. Januar angesetzt. Ein paar Monate Geduld müssen Ackermann und Co. also auf jeden Fall noch aufbringen - so wenig sie das Vorgehen der Ankläger auch billigen mögen.

(RP)
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