Insidervorwürfe Deutsche Börse will Kengeter mit Millionen freikaufen

Frankfurt · Die Deutsche Börse möchte das unrühmliche Kapitel um das Insiderverfahren gegen ihren Chef Carsten Kengeter schließen - und dafür tief in die Kasse greifen. Doch die Staatsanwaltschaft Frankfurt dämpft die Hoffnung des Konzerns auf ein baldiges Ende der Ermittlungen.

Börsenchef Carsten Kengeter (Archivbild).

Börsenchef Carsten Kengeter (Archivbild).

Foto: dpa, brx tba wst

"Dazu, wann und wie das Verfahren hinsichtlich des Beschuldigten Kengeter abgeschlossen werden wird, können zum derzeitigen Zeitpunkt keine Auskünfte erteilt werden", sagte eine Sprecherin der Behörde am Donnerstag. Die Deutsche Börse hatte am Mittwochabend ihre Bereitschaft erklärt, zwei Geldbußen in einer Gesamthöhe von 10,5 Millionen Euro zu zahlen. Dabei geht es um die Rolle des Unternehmens im Zusammenhang mit den Insidervorwürfen und den Vorwurf, die Börse habe die Finanzmärkte zu spät über ihre - inzwischen gescheiterten - Fusionsgespräche mit der Londoner Börse LSE informiert.

Das Unternehmen teile die erhobenen Vorwürfe nach wie vor nicht. Vorstand und Aufsichtsrat wollten aber sicherstellen, dass sich die Deutsche Börse "schnellstmöglich wieder ausschließlich auf das Geschäft konzentrieren und die schwerwiegenden Belastungen durch das Ermittlungsverfahren hinter sich lassen" könne. Man gehe davon aus, "dass das laufende Ermittlungsverfahren gegen den Vorstandsvorsitzenden der Deutsche Börse AG, Carsten Kengeter, gegen Auflagen eingestellt werden wird", bekräftigte der Dax-Konzern.

Die Staatsanwaltschaft hatte allerdings bereits Mitte Juli betont, es gehe bei den Geldbußen zunächst allein um die Deutsche Börse AG als juristische Person. Zudem haben die Finanzaufsicht Bafin und die hessische Börsenaufsicht in dem seit Februar laufenden Verfahren weiteren Klärungsbedarf angemeldet. Fondsmanager Ingo Speich von Union Investment nannte das Vorgehen der Börse "inakzeptabel": "Der Reputationsschaden ist bereits immens. Die Aktionäre dürfen jetzt nicht noch zusätzlich zur Kasse gebeten werden."

Kengeter hatte Mitte Dezember 2015 für 4,5 Millionen Euro 60.000 Deutsche-Börse-Aktien gekauft, die er nicht vor Ende 2019 veräußern darf. Der Konzern packte in dem speziell für ihn geschnürten Vergütungsprogramm 69.000 weitere Anteilsscheine drauf. Gut zwei Monate nach dem Aktiendeal machten Deutsche Börse und London Stock Exchange (LSE) ihren Fusionsplan öffentlich, was die Kurse trieb.

Die Ermittler werfen Kengeter vor, bereits im Sommer 2015 mit der LSE-Führung Gespräche über einen Zusammenschluss der Börsenbetreiber geführt zu und das lukrative Aktiengeschäft in diesem Wissen getätigt zu haben. Der Deutsche-Börse-Aufsichtsrat hatte die Vorwürfe schon kurz nach deren Bekanntwerden als haltlos bezeichnet. Kengeter selbst sprach jüngst von einer "moralischen Pflicht", die Aktien zu kaufen:
Hätte er das Programm nicht genutzt, wäre ihm das womöglich als Misstrauensvotum ausgelegt worden.

Kengeters Zukunft als Börsenchef gilt als eng verknüpft mit dem Ausgang der Ermittlungen. Der Dreijahresvertrag des 50-Jährigen, der am 31. März 2018 ausläuft, wurde vom Aufsichtsrat bislang nicht verlängert. Der ehemalige Investmentbanker bekräftigte jedoch wiederholt, dass er den Dax-Konzern gerne weiterhin führen würde. Kengeter steht seit Juni 2015 an der Spitze der Deutschen Börse.

Aufsichtsratschef Joachim Faber erklärte nun, das Kontrollgremium werde sich erst mit einer Vertragsverlängerung für Kengeter befassen, wenn auch Bafin und Börsenaufsicht ihre Prüfungen abgeschlossen haben.

(oko)
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