Inbev übernimmt SAB-Miller Belgier schlucken Briten

Düsseldorf · Die Inbev-Gruppe übernimmt den SAB-Miller-Konzern. Der neue Gigant wird bald jedes dritte Bier auf der Welt brauen. Die in Deutschland bekannten Marken Beck's, Budweiser und Pilsner Urquell werden aber bleiben.

Harter Preiskampf, sinkender Konsum. Der Biermarkt ist seit rund 20 Jahren in der Krise. Den Bierbrauern bleiben nur zwei Überlebensstrategien: Entweder sie behaupten sich als Nachbarschaftsmarke mit wenigen, dafür aber sehr treuen Fans. Oder sie schließen sich zu gigantischen Konzernen zusammen, die Märkte beherrschen und Lieferanten Preise diktieren können. So entstand der jetzt schon weltgrößte Bierkonzern Anheuser-Busch Inbev. Und jetzt schlucken die Belgier für 92 Milliarden Euro auch noch die zweitgrößte Brauerei der Welt: den britischen SAB-Miller-Konzern. Damit kommt bald jedes dritte Bier auf der Welt aus den Kesseln ein und derselben Firma.

"Für die Verbraucher in Deutschland wird sich nicht viel ändern", ordnete gestern Michael Hollmann die neue Marktsensation ein. Der Vizepräsident des Deutschen Brauer-Bundes kennt das große und das kleine ABC des Bierbrauens: Von 2001 bis 2004 war Hollmann Chef des damals größten deutschen Getränkekonzerns Brau und Brunnen. Seit 2005 führt er als Inhaber mit der Korschenbroicher Brauerei Bolten eine Nischenmarke. "Was die in Deutschland als Marken haben, werden die halten - und auch die Preise ändern sich nicht. SAB ist hier ja nicht so groß." Zum SAB-Konzern gehören zum Beispiel die Marken Foster's und Pilsner Urquell. Inbev ist hierzulande vor allem für Beck's und Budweiser bekannt.

Es werden wohl Stellen gestrichen

Zu erwarten ist, dass der neue Konzern nun weltweit den Rotstift ansetzt und wohl auch Stellen streicht. Das machen nicht nur Bierbrauer so: Wenn aus zwei Konzernen einer wird, braucht der neue Riese zum Beispiel nur noch eine Verwaltung und einen Vertrieb. "Das war auch 2008 schon so, als die InBev-Gruppe den Anheuser-Busch-Konzern geschluckt hat", erinnert sich Hollmann.

In Issum könnte die dort gebraute Altbiermarke Diebels betroffen sein, die zur Inbev-Gruppe gehört. Sie scheint ihre besten Zeiten hinter sich zu haben. Wo früher 1,7 Millionen Hektoliter im Jahr aus den Kesseln flossen, sollen es heute nur noch 350 000 Liter pro Jahr sein. In der Fachpresse wird schon länger über einen Verkauf von Diebels spekuliert. Ein Inbev-Sprecher erklärte aber auf Nachfrage, dass "an den Gerüchten nichts dran" sei. In anderen Erdteilen, wo der neue Gigant es auf 70 bis 80 Prozent Marktanteil bringt, werden ihn die Kartellbehörden sogar zu Verkäufen zwingen. "Ich gehe davon aus, dass das in Asien, Nord- und Südamerika so kommt", meint Hollman.

Inbev ringt schon länger um die Übernahme von SAB und hat jetzt das Angebot nochmals aufgestockt: Inbev will 44 Pfund je Aktie in bar an den Großteil der SAB-Aktionäre zahlen - 50 Prozent mehr als zu Beginn der Übernahmeschlacht Mitte September. Gestern teilten beide Unternehmen mit, sich auf grundsätzliche Punkte für den Zusammenschluss geeinigt zu haben. Heißt im Klartext: Nur die Kartellbehörden könnten die Fusion noch stoppen. Die EU-Kommission wollte das Thema gestern zunächst nicht kommentieren. Aber selbst wenn sie Auflagen wie etwa den Verkauf von Marken vorschreibt: An der Fusion als solcher, die zu den größten in der weltweiten Wirtschaftsgeschichte gehört, wird das wohl nichts mehr ändern.

Dafür ist der Druck in der Branche auch viel zu groß. Beispiel Deutschland: 1980 tranken die Deutschen noch 146 Liter Bier pro Kopf, im vergangenen Jahr waren es laut Statistischem Bundesamt nur noch 106 Liter. Während die Verkaufspreise inflationsbereinigt seit Jahren sinken, stiegen allein die Energiekosten von 2010 bis 2011 nach Angaben des Deutschen Brauer-Bundes um 43 Prozent und der Malz-Preis um 53 Prozent. In anderen Ländern ist die Entwicklung weniger dramatisch, zeigt aber in dieselbe Richtung.

Die Branche reagiert mit forcierter Konsolidierung. In Frankreich und in Italien teilen sich die drei größten Brauereien schon je 70 Prozent Marktanteil. In Deutschland kommen selbst die fünf größten noch kaum über 40 Prozent. Was für den Verbraucher gut ist: Mit Preisen von zehn bis zwölf Euro pro Kasten ist Premiumbier fast nirgends in Europa günstiger als in Deutschland.

(RP)
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