Jungunternehmen lassen Wirtschaft blühen In Nordrhein-Westfalen gibt es 412 Internet-Start-ups

Düsseldorf · Berlin gilt als das Mekka der digitalen Start-ups. Die Hauptstadt ist in diesem Bereich führend. Doch gerade in Nordrhein-Westfalen können junge Unternehmer von der Infrastruktur und dem klassischen Wirtschaftszweig profitieren. Im Wettlauf um die digitale Start-up-Szene steht das Bundesland aber derzeit noch hinten an.

 Die Start-up-Hochburgen in NRW.

Die Start-up-Hochburgen in NRW.

Foto: Kruggel

Start-ups werden häufig mit Klischees beladen: Kleine Unternehmen, deren Mitarbeiter in Kapuzenpullovern wie Facebook-Gründer Mark Zuckerberg versuchen, mit Spielereien und Apps einen Marktanteil zu erhaschen. Nebenher wollen sie die Welt verändern und steinreich werden.

Dabei lassen solche Jungunternehmen die Wirtschaft blühen. In Berlin arbeiten heute mehr als 60.000 Erwerbstätige in der noch jungen digitalen Wirtschaft. Durch Multiplikatoreffekte ließen sie bis 2020 noch einmal 100.000 Jobs entstehen, orakelt die Unternehmensberatung McKinsey.

Köln führt vor Düsseldorf und Bonn

Rund 3000 solcher Unternehmen gab es im Jahr 2013 in der Hauptstadt. Hamburg und München können noch halbwegs mithalten. Nordrhein-Westfalen steht im Wettlauf um die digitale Start-up-Szene derzeit noch hinten an, holt aber auf. 412 Internet-Start-ups hat die Landesregierung in NRW im vergangenen Jahr gezählt. Gemeint sind Unternehmen, die ihre Produkte oder Dienstleistungen über das Internet anbieten. Der Großteil (174) findet sich in Köln, gefolgt von Düsseldorf (53) und Bonn (14).

Damit NRW künftig zu den führenden Pflastern der digitalen Szene gehört, muss hierzulande ein neues digitales Ökosystem entstehen. Vorbild ist das Silicon Valley. In dem kalifornischen Technologie-Tal haben sich nach den ersten erfolgreichen Start-ups immer mehr Herstellerfirmen und Kapitalgeber niedergelassen. Hinzu kommt mit der Universität Stanford eine der größten Elite-Schmieden der USA. Erfolg weckt Neugier. "Start-ups brauchen ein kreatives Umfeld, ein Netzwerk und einen direkten Zugang zu einer finanziellen Unterstützung", sagt Tobias Kollmann, Beauftragter für digitale Wirtschaft in NRW.

Millionenbeträge für Unternehmen

In der jungen Vergangenheit haben hierzulande bereits einige "Exits" (Verkäufe) von digitalen Start-ups von sich reden gemacht: Die Düsseldorfer Reisesuchmaschine Trivago ging 2012 für 500 Millionen Euro an Expedia, Springer kaufte im gleichen Jahr für 50 Millionen Euro meinestadt.de und das Kölner Start-up Retailo ging an den US-Investor Blackhawk Network — ebenfalls für 50 Millionen Euro.

Zwischen 2012 und 2014 haben hiesige Banken 17 Internet-Start-ups mit zusammen rund 26 Millionen Euro Wagniskapital versorgt. Die NRW.Bank hält über ihre Fonds Beteiligungen an 27 solcher Unternehmen. Zwar reichen die Zahlen nicht an die Dimensionen von Berlin heran, doch NRW hat einiges zu bieten. In Köln und Düsseldorf gibt es (im Vergleich zu Bauprojekten in Berlin) funktionierende Flughäfen, zudem ein großzügiges Verkehrsnetz und eine breite Hochschullandschaft. Beim Breitbandausbau steht NRW besser da als die übrigen Bundesländer. Im Raum Köln ist in mehr als 90 Prozent der Haushalte eine Internetverbindung von bis zu 50 Megabit pro Sekunde verfügbar, Düsseldorf liegt leicht darunter. Werte, von denen Berlin nur träumt.

Zuspruch aus der Politik

In der Ausbildung der Jung-Unternehmer vereint NRW wichtige und zukunftsträchtige Studiengänge. "Wir sind mit den Angeboten von Wirtschaftsinformatik und Informatik an den Hochschulen in Duisburg-Essen, Dortmund und Münster führend in Deutschland", sagt Tobias Kollmann. Eine Allianz zwischen denen für Gründer spezialisierten Unis und der klassischen Wirtschaftsindustrie in NRW könne Städte wie Köln und Düsseldorf noch näher an ein digitales Ökosystem heranführen.

Den Zuspruch aus der Politik gibt es bereits: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte im Mai, entsprechende Start-ups mehr fördern zu wollen. Es sei wichtig, dass auch das Scheitern nicht als Untergang betrachtet werde, sagte Merkel. Schließlich sind die besten Unternehmer oft Serien-Scheiterer.

(RP)
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