Preise auf Talfahrt Die Folgen des Ölpreis-Crashs

Berlin · Der Ölpreis ist seit Wochen auf Talfahrt und unter 30 Dollar gefallen. Das ist gut für Autofahrer und Verbraucher, die mit Öl heizen. Das ist verheerend für Russland und die Weltbörsen.

 Der Ölpreis fällt seit Monaten.

Der Ölpreis fällt seit Monaten.

Foto: dpa

Der Ölpreis hält weltweit Märkte und Verbraucher in Atem. Während Anleger den niedrigen Ölpreis als Zeichen für eine weltweite Konjunkturschwäche sehen, freuen sich Verbraucher über niedrige Sprit- und Heizöl-Rechnungen. Im vergangenen Jahr haben sie deshalb 13 Milliarden Euro gespart.

Ja. In den USA läuft die Produktion von Schieferöl auf Hochtouren, ohne dass die erdölexportierenden Staaten (Opec) ihre Produktion senken. Sie hoffen, dass der niedrige Preis die US-Produzenten auf Dauer in die Knie zwingt. Derzeit gebe es keine Anzeichen dafür, dass die Opec-Staaten, aber auch USA und Russland die Fördermengen drosseln wollen, sagt Rainer Wiek vom Energie Informationsdienst. Russland und Venezuela haben die Förderung voll aufgedreht, um Geld in die leeren Staatskassen zu bekommen. Analysten sprechen schon von Ölpreisen von 20 Dollar, andere halten sogar zehn Dollar wie in den 90er Jahren für möglich. Derzeit werden jeden Tag eine Million Barrel (159 Liter) mehr Öl produziert als benötigt.

Sie bleiben günstig, werden aber nicht weiter fallen, erwarten Experten. Der Dieselpreis ist erstmals seit sechs Jahren im bundesweiten Schnitt wieder unter die Ein-Euro-Marke gefallen. An einzelnen Tankstellen in Köln lag er mit 87 Cent schon unter 90 Cent. Super E10 kostete im Schnitt 1,24 Euro. Grundsätzlich fallen die Benzinpreise aber flacher ab als die Rohölpreise. Grund dafür sind vor allem die Mineralölsteuern, die den Löwenanteil des Spritpreises ausmachen. Diese belaufen sich auf 65 Cent je Liter Benzin und 47 Cent für Diesel.

Den Tiefstand erreichte Heizöl Ende Dezember mit 45 Euro je 100 Liter. Inzwischen ist der Preis etwas angestiegen. Denn viele Kunden nutzen die Preise, um jetzt vollzutanken. Sofern der Winter nicht allzu hart wird, ist weiter mit Preisen auf niedrigem Niveau zu rechnen. Die Lager sind voll. Die Verbraucher haben also ein Luxusproblem: Jetzt zuschlagen oder lieber noch etwas warten, in der Hoffnung, dass der Preis noch etwas weiter fällt.

Der Ölpreis stützt einerseits die Abnehmerländer, schadet andererseits aber öl- und gasexportierenden Ländern wie Saudi-Arabien, Venezuela, Iran oder Russland. USA oder Deutschland profitieren stark, weil Verbraucher und Unternehmen sparen. Dagegen destabilisiert der Ölpreisrutsch Krisengebiete wie den arabischen Raum. Milliardär George Soros sieht bereits wieder eine weltweite Krise wie 2008 heranziehen. Das halten Ökonomen für überzogen. "Wir müssen zwischen rohstoffexportierenden Schwellenländern, die der geringe Ölpreis stark trifft, und den prosperierenden Industrieländern USA und in Europa unterscheiden, die stimuliert werden", sagte der Wirtschaftsweise Peter Bofinger.

Die Stimmung an den Börsen ist nervös, weil die Risiken für die Weltkonjunktur insgesamt gewachsen sind. Vor allem die Wachstumsschwäche Chinas verunsichert die Anleger. Die geringere chinesische Nachfrage nach Öl ist neben dem Überangebot einer der Gründe für den Ölpreisverfall.

"Der extrem niedrige Ölpreis wirkt wie ein riesiges Konjunkturprogramm für Deutschland, weil die Menschen dadurch mehr Geld für andere Ausgaben in der Tasche haben", sagte Bofinger. "Die Chancen, dass die Konjunktur 2016 noch besser laufen wird, sind sogar größer, als dass sie schlechter läuft", sagte er. Die Wirtschaftsweisen erwarten ein Wachstum von 1,6 Prozent. 2015 war die Wirtschaft um 1,7 Prozent gewachsen, wie das Statistische Bundesamt gestern mitteilte. Getrieben wird das Wachstum vom Konsum. Dafür sorgen der hohe Beschäftigungsstand und steigende Realeinkommen, aber auch niedrige Zinsen und der niedrige Ölpreis.

Die staatlichen Mehrausgaben für die Flüchtlingshilfe sorgen für etwa einen Viertelprozentpunkt mehr Wachstum, schätzen Ökonomen. Zudem legen die Exporte in den Euro-Raum stärker zu als in jede andere Weltregion. Demgegenüber könnten China-Schwäche und Terror die deutsche Wirtschaft bremsen. Experten wundern sich, dass Deutschland trotz Ölpreis- und Euro-Tief nicht mit mehr als 1,7 Prozent zulegt.

(mar)
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