Kritik aus Frankreich Exporteure verteidigen deutsches Wirtschaftsmodell

Berlin (RPO). Die deutschen Exporteure haben der Kritik Frankreichs am exportorientierten deutschen Wirtschaftsmodell widersprochen und zugleich auf den hohen Konkurrenzdruck hingewiesen. "Das Tempo auf den Weltmärkten wird international vorgegeben, das machen nicht wir. Deutschland hat sich diesem Wettbewerb gestellt."

Die Top 15 der deutschen Auto-Exporte
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Das sagte der Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen, Anton Börner, der "Berliner Zeitung". Auch EU-Energiekommissar Günther Oettinger (CDU) nannte die These falsch, Deutschlands Exportvormacht schade der EU.

Der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer, nannte die Debatte "absurd". Keinem sei geholfen, wenn Deutschland weniger exportieren würde, sagte er unserer Redaktion. "Sollen wir etwa dem griechischen Geschäftsmodell nacheifern?"

Die französische Finanzministerin Christine Lagarde hatte der Londoner Zeitung "Financial Times" gesagt, der deutsche Außenhandelsüberschuss sei für die Nachbarstaaten in der Eurozone nicht tragbar. Deutschland sollte seine Inlandsnachfrage stärken, um damit die defizitären Länder wieder wettbewerbsfähig zu machen.

"Der Kuchen ist auch gewachsen"

Börner sagte, die Hauptkonkurrenten Deutschlands säßen zunehmend außerhalb der EU, es seien Länder wie USA, Japan, China, Indien und weitere Schwellenländer. "Wenn wir im Wettbewerb erfolgreich sind, heißt das nicht automatisch, dass wir anderen Ländern etwas wegnehmen, schließlich ist in der weltwirtschaftlichen Boomphase vor der Krise der Kuchen auch gewachsen", sagte Börner.

Oettinger verwies ebenfalls auf den harten Wettbewerb Europas mit Japan und den USA. "Das führt bei Industrienationen wie beispielsweise Deutschland zu Außenhandelsüberschüssen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung". "In Europa benötigen wir mehr Reformen, wie sie in Deutschland gemacht worden sind. Diese Reformen zurückzunehmen, hieße in die falsche Richtung zu gehen."

Dagegen teilten Chefvolkswirte die Sorge Lagardes um ausufernde Ungleichgewichte. "Irgendwann werden die Dimensionen einfach zu groß und die Abnehmer deutscher Exportprodukte brechen zusammen", warnte David Milleker, Chefvolkswirt der Fondsgesellschaft Union Investment. Damit sei Deutschland auch nicht geholfen. Eine Korrektur der Ungleichgewichte lasse sich aber schwer "von oben verordnen". Die Lösung liege in der Lohnpolitik: Andere Länder müssten ihre Löhne über Jahre weniger steigern als die Deutschen.

Auch der Chefvolkswirt der Dekabank, Ulrich Kater, sieht Anpassungsbedarf. Die Wirtschaftspolitiken der Euro-Länder müssten besser koordiniert werden. "Alle Geschäftsmodelle, auch das deutsche, müssen dabei auf den Prüfstand", sagte Kater. Die Bundesregierung könne die Inlandsnachfrage stärken, indem sie die staatliche Förderung von Dienstleistern steigere.

Der Wirtschaftsexperte Bofinger sagte der "Berliner Zeitung", Deutschland habe nur Erfolg mit seinem auf den Export ausgerichteten Wirtschaftsmodell, weil andere Staaten hohe Schulden angehäuft hätten. "Hätten sich aber alle so verhalten wie die Deutschen und kaum konsumiert, dann wären in Europa die Lichter ausgegangen."

"Das Geld fehlt nun den Verbrauchern"

Laut Bofinger ist die Entwicklung zum einen auf die niedrigen Lohnabschlüsse der vergangenen Jahre zurückzuführen. "Das hat die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert, aber das Geld fehlt nun den Verbrauchern." Bofinger kritisierte aber auch die Politik: "Sie hat mit allen Mitteln versucht, die Lohnnebenkosten zu senken, obwohl die Lohnkosten wettbewerbsfähig waren."

Als Beispiele nannte er die Erhöhung der Mehrwertsteuer bei gleichzeitiger Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung. Auch die mit höheren Arbeitnehmerzahlungen erkaufte Senkung der Krankenversicherungsbeiträge der Unternehmen habe derart gewirkt.

Ähnlich sieht es der Wirtschaftswissenschaftler Gustav Horn. "Deutschland hat viele Jahre einseitig auf den Export gesetzt. Und zwar auf einen Export, bei dem Deutschland in Europa mit Billiglöhnen agiert hat", sagte der wissenschaftliche Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der "Neue Ruhr/ Neue Rhein Zeitung". Das gehe aber nicht ewig gut, "denn den Überschüssen stehen woanders Defizite gegenüber, und irgendwann kommen diese Länder an ihre Grenzen."

(RP/DDP/csr)
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