Volkswagen EU weiß seit 2010 von Abgas-Affäre

Wolfsburg · Interne Dokumente bringen die Kommission in Erklärungsnot. Sie soll schon lange von der Abgas-Affäre bei VW wissen.

 Die EU-Kommission soll schon lange von den Manipulationen bei VW gewusst haben.

Die EU-Kommission soll schon lange von den Manipulationen bei VW gewusst haben.

Foto: dpa, jst cul fpt

Als Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) gestern Nachmittag im Berliner "Tagesspiel" stolz verkündete, die Aufarbeitung der Diesel-Affäre bei VW sei auf gutem Wege, da dürfte er noch nicht geahnt haben, welch neue Welle auf die Automobilbranche und Politik zurollte. Denn am Abend ließ "Spiegel Online" eine Bombe platzen: Das Brüsseler Büro des Nachrichtenportals berichtete unter Berufung auf interne Dokumente, der EU-Kommission lägen schon spätestens seit 2010 konkrete Hinweise vor, dass Autohersteller bei den Abgaswerten von Dieselautos mogelten.

Die Schreiben zeigten auch, dass es sowohl innerhalb der Kommission als auch mit Regierungen der EU-Staaten ein jahrelanges Hin und Her gegeben habe - und dass auch die Bundesregierung schon 2012 an Treffen beteiligt war, bei denen es um Abgas-Manipulationen ging, wie sie dann im September 2015 im Zuge des VW-Skandals bekannt wurden.

Die von der Kommission beauftragte gemeinsame Forschungsstelle, das Joint Research Centre, begann bereits 2007 mit der Messung des Abgasausstoßes im realen Fahrbetrieb. Dabei stellten die Forscher fest, dass der Stickoxid-Ausstoß von Diesel-Fahrzeugen im realen Fahrbetrieb viel höher lag als in Labortests. In einem internen Schreiben aus dem Herbst 2010 hieß es dem Bericht zufolge, es sei wohlbekannt, dass es "eine Diskrepanz" zwischen den Emissionen von Diesel-Autos bei der Typenzulassung und im normalen Fahrbetrieb gebe. Es sei auch klar, woran das liege: am "verbreiteten Einsatz gewisser Minderungstechnologien in Dieselfahrzeugen".

Die Veröffentlichungen sind für die EU-Kommission unangenehm, denn sie behauptet bis heute, nichts von illegalen Praktiken gewusst zu haben. "Über die Enthüllungen der Emissions-Manipulationen bei Volkswagen waren wir so schockiert wie alle anderen", erklärte eine Sprecherin gegenüber "Spiegel-Online". "Die Kommission hat niemals einen Hinweis auf den Einsatz von Abschaltvorrichtungen erhalten."

VW musste unterdessen einen neuen Rückschlag hinnehmen: Die Abwicklung des Skandals in den USA könnte für den Autobauer doch noch einmal teurer werden. Das kalifornische Umweltamt CARB lehnte den Rückrufplan für Drei-Liter-Dieselmotoren bei größeren Autos als unzureichend und unvollständig ab. Von der Entscheidung seien 16.000 Fahrzeuge der Marken Audi, Porsche und VW in Kalifornien betroffen, teilte die für die Luftqualität zuständige Behörde in Sacramento mit. Die EPA - das Umweltamt der US-Regierung - schloss sich der Auffassung der kalifornischen Regulierer an. Ein VW-Sprecher sagte, der Konzern müsse die Dokumente zunächst prüfen.

(RP)
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